Als Diabetikerin höre ich einen Satz besonders häufig „Das kommt vom Diabetes!“ Von Mitmenschen, die sich nicht so gut auskennen, kann ich diesen Satz relativ gut wegstecken. Von Ärzten oder medizinischem Fachpersonal leider nicht so gut.
Beispielsweise wird meine Mikroalbuminurie (leicht erhöhte Eiweißausscheidung über den Urin) oft auf den Diabetes geschoben. „Das kommt doch eh von der schlechten Einstellung“ – Jaaaa, ich habe Diabetes aber nein…die Wahrscheinlichkeit, dass DAS vom Diabetes kommt, ist sehr gering. Richtig ist: ich habe eine erhöhte Eiweißausscheidung, die in meiner Familie auch vorkommt. Aber die wurde nach nur acht Jahren Diabetes und das bei bis heute sehr guter bis guter Diabeteseinstellung diagnostiziert. Zusätzlich ist die Menge der Eiweißausscheidung nicht größer geworden. Aber: das kommt vom Diabetes. Ganz klar. Rein statistisch zwar eine geringe Chance, aber…ja. Ich suche seit ich über 20 bin, einen guten Nephrologen (Nierenfachmann). Und jedesmal Thema: das kommt vom Diabetes, die Niere ist kaputt. Ersteres unwahrscheinlich, das zweite völliger Schwachsinn – meine Nieren sind kerngesund.
„Oh, Sie sind momentan aber oft krank. Ach, Sie haben ja auch Diabetes. Kommt davon.“ Auch schon unzählige Male gehört. Ohne weitere Begründung. Ja, ich habe eine Stoffwechselerkrankung, die den Stoffwechsel bei schlechter Einstellung sehr stark beeinflussen kann. Ich bin nun am Maß der Diabetiker gemessen gut eingestellt und auch laut meiner Diabetologin nicht aufgrund des Diabetes mehr krank als andere.
Leider hören viele das Wort „Diabetes“ und schmeißen alles, was sie jemals darüber gehört haben, in einen Topf. Leider passiert mir das besonders oft, seit ich über 18 bin und von den „Erwachsenenärzten“ behandelt werden. Oft muss ich mir noch anhören, dass mir mein Leben nichts wert sei, weil mein Diabetes so schlecht (?!?) eingestellt wäre – für mich ein Schlag ins Gesicht. Als hätte man als Diabetiker nicht sowieso schon immer ein schlechtes Gewissen, dass man zu wenig macht. Zudem haben sich die Therapieformen in den letzten Jahren sehr gebessert, sodass man sehr viel feiner einstellen kann als früher und die Bauchspeicheldrüse besser nachahmen kann (wenn die medizinischen Neuerungen genutzt werden können, aber das ist nochmal ein Aufreger der Woche).
Dann hilft mir nur eines: mich von Familien und Freunden aufbauen lassen und beim nächsten Arztbesuch kurz beim Diadoc vorjammern und mir von ihr erzählen lassen, dass Ärzte eben auch nicht allwissend sind. Weiß ich ja, prinzipiell. Und jedesmal nehm ich mir vor, sobald der Satz „Das kommt vom Diabetes“ fällt, nicht mehr zuzuhören und mich nicht mehr aufzuregen. Klappt natürlich nie.
Was ich mir für 2016 tatsächlich (mal wieder) vorgenommen habe: mal wieder den Nephrologen wechseln. Ich brauche Ärzte, die kompetent sind und zuhören und mich dann adäquat beraten. Die meine Selbstbestimmung und Erfahrung als Patientin mit hineinnehmen in die Therapie und mich ernstnehmen. Sucht euch Ärzte, die genau das machen. Ich fahre zu einigen Ärzten über eine Stunde Auto. Gesundheit ist mit das wichtigste, was wir haben. Informiert euch, schaltet euer Gehirn ein, holt Zweit- und Drittmeinungen ein…manches ist vom Diabetes bedingt, vieles nicht. Lasst euch nicht abspeisen.
Was übrigens wirklich stimmt „Oh, Sie sind aber gut informiert…das kommt bestimmt vom Diabetes?“ – diesen Satz würde ich gerne öfter hören!
beate_putzt das Gesundheitssystem
Ohja!! Bei uns ist der Satz schon ein runninggag. Wenn ich irgendein Wewechen oder Problem habe, bring ich immer den Spruch: „Das kommt jetzt bestimmt vom Diabetes“.
Ich kann verstehen dass es manchmal einfach ist alles dem Diabetes in die Schuhe zu schieben, aber ob es dann auch immer gleich so ist?
Wenn man es von Ärzten hört, ist das auch was anderes, da gebe ich dir vollkommen recht.
Ich vergleiche mich oft mit meine Bruder, der fast 30 Kahre Typ 1 hat und bisher nicht mal eine Brille braucht und mal eben mit dem Rad über die Alpen fährt. Ich habe auch Mikroalbumine. Leider weiss ich ja, dass ich an denen wohl selbst Schuld bin.
Toller Artikel!! :))
Ich sag’s auch schon oft als running gag… 😀 Und dann sind wir als (junge) Typ1er auch etwas anderes als ältere, schlecht geschulte, schlecht eingestellte und oft noch zu spät diagnostizierte Typ2er mit daher vielen Folgeerkrankungen…just sayin
„Also ich könnte das nicht!“ 😉
Ich weiß, ich weiß… 😉
Das mit dem Eiweiss in Urin kenne ich auch. Wurde zeitgleich mit dem Diabetes in Krankenhaus festgestellt. Aber kommt sicher vom Diabetes 😉
Nur gut, dass mir das so noch keiner gesagt hat. Das würde sonst sicher nicht gut enden… 😀
Schönen 4. Advent
LG
Sarah 🙂
Ich denke auch, dass sehr viele Personen Eiweißausscheidungen haben, es nur einfach nicht festgestellt wird.
Dir auch einen schönen vierten Advent 🙂