Bumsen, ficken, vögeln: Sex und Diabetes

In der letzten Zeit hab ich öfter gehört, dass Diabetes und Sex enttabuisiert werden müsse, was mich einigermaßen irritiert hat. Bis ich Diabetes und Sex bei google eingegeben hab und vorher einige Beiträge bei instagram gesehen hab. Ok, durchatmen, so kompliziert isses nicht!

Unnötiger Fakt am Rande:

Ich mag das Wort bumsen nicht und es ist auf dem 5. Platz meiner TOP5 unbeliebtesten Wörter der deutschen Sprache. Aber google funktioniert eben besser, wenn Schlagwörter auftauchen.

beateputzt.com

Let’s google: Sex und Diabetes

Die ersten Seiten sind gefüllt von Artikeln von Expert*innen ohne Diabetes für Menschen mit Diabetes und sexuellen Funktionsstörungen. (Not so) Sexy and I know it. Ja, es gibt auch Menschen mit Diabetes und sexuellen Funktionsstörungen – doch auch da ist googlen gar nicht mal so schön. Bevor ich mich beim Thema sexuelle Funktionsstörungen verliere: Es fehlt an Zitaten und O-Tönen, ich hab nicht ewig recherchiert, jedoch nur medizinische Fakten gefunden.

Aufwachsen mit Diabetes

Wenn mir eines beim Thema Aufwachsen mit Diabetes nie Angst gemacht hat, war es das Thema Sexualität. Ich bin eh nicht so der Typ für Angst bei Sachen, die mit Diabetes zu tun haben. Die größten Gedanken mache ich mir immer noch beim Reisen: Wie kann ich sinnvoll packen, um nen coolen Urlaub zu erleben? Sonst der größte Angsthase überhaupt, bin ich beim Thema Diabetes lieber rational und auf der Suche nach Lösungen.

Ich hab mit 3,5 Jahren Diabetes bekommen und zum Glück bis heute nie das Thema Diabetes und Sex gegooglet. Jetzt versteh ich die Angst von Neudiagnostizierten, wenn es um das Thema Sex und Diabetes geht. Mein bewährter Ansatz, auf der Suche nach Lösungen bei Sex und Diabetes zu sein, würde schlichtweg nicht aufgehen: Es liest sich so unfassbar kompliziert. Gefühlt alle haben Funktionsstörungen, auch das wirkt unfassbar kompliziert, und selbst wenn nicht: Hilfe, der Ausgangsblutzucker, was ist wenn ne Hypo kommt? Was passiert mit der Pumpe?

Pumpe dran, Pumpe ab?

Falls eine Pumpe vorhanden ist, kurz und knapp: Beides möglich. An- und abkoppeln dauert ne Sekunde und ist jetzt keine Sache, die ewig überlegt werden müsste. Falls der Sensor oder der Katheter verloren geht: Es stirbt sich nicht so schnell!

Unterzucker beim Sex und jetzt?

Das gleiche wie immer: Hyposnacks sollten eh immer griffbereit sein, egal in welcher Situation. Punkt. Am besten was, was schmeckt und schnell wirkt. Gilt auch immer. Ansonsten gilt das, was eine Bloggerkollegin sehr schön formuliert hat:

(Bildbeschreibung: Screenshot: Halt echt. Meine Güte wie oft ich schon Capri sonne währenddessen gesoffen hab, und weder die nichtdiabetischen noch die diabetischen Partner haben Instant ihre latte deshalb verloren. :D)

Diabetes und sexuelle Dysfunktion

Ja, die gibt es und ja, die können behandelt werden. Dazu gibt es unfassbar viele Artikel, einige gute, zum Beispiel dieser hier und den hier. Ärzt*innen können auch weiterhelfen.

Was im Internet groß als Funktionsstörung infolge von Diabetes bei Frauen/Menschen mit Uterus beschrieben wird, ist Scheidentrockenheit. Wenn ich das Wort Scheidentrockenheit ohne das Schlagwort Diabetes google, wird mir angezeigt, dass dies mutmaßlich die Hälfte aller Frauen/Menschen mit Uterus betrifft. Auch wenn Scheidentrockenheit eine Folge von Diabetes sein kann (nicht muss!): Ansprechen bei einer Ärzt*in oder Apotheker*in und Lösungen suchen. Ich könnte jetzt lapidar schreiben: Nutzt Gleitgel und fragt nicht weiter nach. Könnte ein bisschen zu kurz gedacht sein, wenn die Ursache dafür nicht bekannt ist.

Fazit: Sex und Diabetes

Jede*r darf Sex haben (im Rahmen der Gesetzeslage), muss aber nicht. Wenn, dann am besten mit Hyposnacks in Griffweite.

Auch, wenn das kein schönes Thema ist, gehört es für mich dazu: Hilfe und Informationen für Überlebende von sexualisierter Gewalt gibt es zum Beispiel hier.

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TOP5 Situationen, in denen besser keine Insulinpumpe piepsen sollte

TOP5 oder gefühlt TOP100 Situationen, in denen ein Diabetesgeräusch mehr als nur nerven kann…

TOP5 Situationen, in denen besser keine Insulinpumpe oder ein anderes Diabetes-Advice piepsen sollte

Letztens piepte meine Pumpe wieder im unpassensten Moment. Kurz danach das CGM. Danach wollte meine Pumpe auch noch händisch bedient werden (was zugegebenermaßen ultra selten vorkommt, seitdem ich loope und fast alles über’s Handy läuft). Kurzum: Ein echtes Konzert an Tönen und Geräuschen und ich war mehr als nur genervt. Lange Reder, kurzer Sinn: Solche Situationen gab es genug und wird es auch in Zukunft geben, genug Inspiration für diesen Artikel gibt es also!

TOP5: Bei die*der Zahnärztin

Ich liiiiebe es. Ich liege gerade auf dem Behandlungsstuhl und piep. Mitten in die Mundspülungsprozedur hinein Traubenzucker zu nehmen plus das Handy-Gepiepse abstellen. Herrlich! Dieser Geschmack kann nur von Jägermeister-Redbull und Co getoppt werden und das trink ich aus Gründen nicht. Hab leider ne Tendenz, bei Zahnärzt*innen oder kurz danach leicht unter der 70 mg/dl Grenze zu sein und Kohlenhydrate zu mir nehmen zu müssen. Von wegen eine Stunde nichts essen nach der Zahnreinigung, tja!

TOP4: Beim Kochen und Backen

Mein liebstes Küchenszenario: Mit den Händen im Hefeteig oder weinend am Zwiebeln schneiden und die Pumpe vibriert mit irgendeinem Alarm. Ich bin sehr schlecht im Ignorieren von Diabetes-Geräuschen und hab schon zig Mal fluchend meine Küchentätigkeit unterbrochen, um irgendeinen „Ampulle demnächst leer“ Alarm wegzudrücken.

TOP3: Bei einer OP

Ich hatte vor einiger Zeit eine kleinere ambulante OP am Rücken. Während der OP piepste mein Handy und meldete: Verbindung zur Pumpe konnte nicht hergestellt werden. Ich lag auf dem Bauch und durfte mich nicht bewegen. Ich ließ mir mein Handy bringen und um endlich das Gebimmel abzustellen, schaltete ich es aus. Bedeutete auch, dass ich kurzfristig keine CGM-Werte mehr erhalten hatte. Dank Adrenalin war ich weit weg von Unterzucker und alles andere war mir erstmal egal.

TOP2: Beim ersten Kennenlernen

Egal ob bei einem Date, einer erweiterten Bekanntenrunde oder bei einem Bewerbungsgespräch: Ich hab überhaupt kein Problem damit, zu erwähnen, dass ich Diabetes hab. Spätestens beim Essen würde ich sowieso erklären, warum mein Handy auf dem Tisch oder in Reichweite liegen bleibt. Aber es ist ein himmelweiter Unterschied, ob ich das entscheide oder ob ich mir in den BH greifen muss, um die Pumpe zu erwischen, die gerade irgendeine Störung meldet. Auf der anderen Seite: Sollte die Person jetzt seltsam werden, weiß ich genau, dass ich weder beruflich noch privat viel Zeit mit ihr verbringen möchte. 🙂

TOP1: Bei Beerdigungen und Trauerfeiern

Mein persönlicher Supergau ist mir beim ersten Sterbeamt meines Opas passiert. Ich saß in der Kirche und war vorher schon knapp über 80 mg/dl mit Tendenz nach unten. Schon in der Bank sitzend, die Glocken läuteten, stopfte ich mir noch ein paar Gummibärchen in den Mund und schaltete den Alarm „bald niedrig“ 70 mg/dl ab. Mitten in der Messe piepste mein Handy laut. Ich fluchte nur vor mich hin und kippte in der Eile des Gefechts den kompletten Inhalt meiner Handtasche auf die Kirchenbank. Mein 55 mg/dl Kopf dachte wohl, dass sei die schnellste Methode, um den eh schon verklungenen Alarm zu bestätigen…Gestört haben mich weniger die anderen Menschen. Sondern mehr, dass ich selbst gestört wurde und meinen Diabetes da vorher nicht gut im Blick hatte.

Ich hoffe, du und ihr konntet euch etwas wiederentdecken oder vielleicht im Nachhinein über die ein oder andere eurer unpassenden Situationen lachen. Ich hab noch ein paar mehr: Alarm im Mehrbettschlafsaal, im Theater oder beim Ballett, bei Reden,… Auch wenn ich gar nicht so oft (laute) Alarme bekomme, so über die Jahre gesehen gab es da schon witzige oder unangenehme Situationen. 😉

Humor hilft, immer. Lieben Gruß beate putzt

TOP-Situationen, in denen eine Insulinpumpe besser nicht piepsen sollte – Antworten der Diabetes-Community

On Insulinpumpe oder CGM: Ruhe bitte! Oder auch nicht.

Antworten der Diabetes-Community: Wenn alles leise ist (z.B. beim Taekwondo), beim Konzert in der Elphi oder oder oder:

Quelle beitragsbild: Thomas Breher auf pixabay

Aufreger der Woche: Diabetes und Diskriminierung

Mir meiner Diskriminierungserfahrungen bewusst zu werden, war für mich ein wichtiger Prozess. Es lenkte den Blick weg von mir als Einzelperson zu uns als Gruppe von Menschen mit Diabetes und Behinderungen. Diskriminierung ist eben nichts, was ausschließlich ich erfahre!

Diabetes als Behinderung – Diskriminierung durch Diabetes

„Ich bin doch nicht behindert.“ Das habe ich vor wenigen Jahren noch selbst gesagt. Im Jahr 2021 hat sich viel geändert mit der Sicht auf Behinderung und was eine Behinderung ausmacht.

Vor kurzem habe ich auf instagram für den diabetes ratgeber ein takeover gemacht. Thema: Diskriminierung und Diabetes. Dieser Artikel ist eine vertiefte Zusammenfassung davon und eine Aktualisierung meines 2015 Artikels „behindert sein vs behindert werden , den ich heute nicht mehr ganz so schreiben würde.

Definition Diskriminierung im rechtlichen Sinne

Eine Diskriminierung im rechtlichen Sinne ist eine Ungleichbehandlung einer Person aufgrund einer (oder mehrerer) rechtlich geschützter Diskriminierungskategorien ohne einen sachlichen Grund, der die Ungleichbehandlung rechtfertigt. Die Benachteiligung kann ausgedrückt sein z. B. durch das Verhalten einer Person, durch eine Vorschrift oder eine Maßnahme.

https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Handbuch_Diskriminierungsschutz/Kapitel_2.pdf?__blob=publicationFile&v=5, letzter Zugriff 27.02.2021

Wie behindert Diabetes?

Menschen mit Diabetes und Menschen mit anderen chronischen Erkrankungen und Behinderungen haben alle ähnliche Erfahrungen in Bezug auf Barrierefreiheit und Inklusion gesammelt. Eine Person, die Rollstuhl fährt, hat andere Diskriminierungserfahrungen als eine Person, die blind ist. Trotzdem treffen wir an bestimmten Punkten aufeinander und siehe da „Ah, das kenn ich auch!“ kommt immer wieder in Gesprächen vor.

  • Diskriminierungserfahrungen bei Ärzt*innen und medizinischem Personal
  • Du bist so eine starke und inspirierende Persönlichkeit! alias inspiration porn
  • Absprechen von Erfahrungen und Expertise (bei uns Menschen mit Diabetes z.B. übergriffiges Verhalten wie „Du darfst das nicht essen! Ich kenn mich da aus!“)
  • Erschwerter Zugang zu Bildung: Schwierigkeiten bei der Wahl des Kita-Platzes, der Schule plus Schwierigkeiten der pflegenden Angehörigen, vorrangig Mütter, weiter beruflich tätig zu sein. Jede 10.Mutter gibt ihre Arbeitsstelle auf.
  • Kämpfe mit Krankenkassen, MDK und Co für Hilfsmittel (wer hat noch nicht gebangt, ob das CGM wieder genehmigt wird?)
  • Probleme bei der Verbeamtung und selbst mit Behindertenausweis Probleme bei der Versicherung
  • Keine Chance, mit Diabetes eine Berufs- oder Dienstunfähigkeitversicherung abzuschließen (ok, seit neuestem gibt es da eine verrückte Version – davon bin ich noch nicht überzeugt und auch da hängen so viele ABERs dran, dass es sich deutlich von Menschen ohne Behinderung unterscheidet)

Sich dessen bewusst zu werden, war für mich ein wichtiger Prozess. Es lenkte den Blick weg von mir als Einzelperson zu uns als Gruppe von Menschen mit Diabetes und Behinderungen. Diskriminierung ist eben nichts, was ausschließlich ich erfahre!

Das sind doch nur Einzelfälle!?

Diskriminierung ist möglich, weil das System es erlaubt (ähnlich wie bei Rassismus oder Sexismus). Diskriminierung ist vielschichtig.

Es kann natürlich sein, dass ein sehr unsympathischer Mensch zusätzlich zur Diskriminierung noch blöd wird. Aber auch nette, sympathische Menschen können sich diskriminierend verhalten (siehe die zahlreichen Beispiele unter dem Posting des diabetes ratgebers). Das System an sich ist auch schon diskriminierend.

Beispiel: Krankenversicherung und Diabetes Typ1 als Beamtin

In meinem Referendariat als Beamtin auf Widerruf 2018/2019 konnte ich mich nicht privat versichern, da die Öffnungsklausel nur für Verbeamtung auf Probe gilt. Also musste ich mich freiwillig gesetzlich versichern, zu einem deutlich höheren Preis als meine Mit-Referendar*innen in der PKV. Mein knappes Referendariatsgehalt wurde nicht angepasst. Für eine Krankheit, für die ich unfreiwillig Verantwortung trage, wurde ich bestraft.

Danach war ich ein Jahr angestellte Lehrkraft, hier war ich gesetzlich pflichtversichert und es gab keine Probleme.

Seit Oktober 2020 bin ich verbeamtet auf Probe. Eine freiwillig gesetzliche Versicherung ist sehr teuer. Nach Abwägen vieler Gründe habe ich mich für eine private Krankenversicherung entschieden. Dort zahle ich nun 30% (!!!) Risikozuschlag plus bin im stationären Bereich runtergestuft als gesetzlich Versicherte. Mein Gehalt wird auch hier nicht angepasst.

Das tut zwar allen Mitarbeitenden in allen Versicherungen immer totaaaaaaal Leid, ändern tut sich aber nix. Und da wir Menschen mit Behinderungen immer noch keine Lobby haben , setzt sich eben niemand für uns ein. Ich werde behindert.

Behinderung als Status

Meine Behinderung an sich ist erstmal nur ein Fakt: Teile meiner Bauchspeicheldrüse arbeiten nicht, ich übernehme einen Teil eines lebenswichtigen Organs. Das dass richtig nervig sein kann, wissen wir alle.

Manchmal möchte ich meinen Diabetes gerne abgeben. Die meiste Zeit lebe ich zufrieden mit meinem Diabetes. Diabetes ist eine meiner Stärken. Und egal, wie ich meine Behinderung wahrnehme – ich mache immer wieder diskriminierende Erfahrungen. Genau das zeichnet Diabetes als Behinderung aus, ob ich einen Behindertenausweis besitze, ist dafür überhaupt nicht relevant.

Dazu haben schon viele kluge Menschen geschrieben. Ich verlinke mal zwei meiner Lieblingsbeiträge. Leider ist das Einbetten von instagram Beiträgen nicht mehr erlaubt, deshalb sind es wirklich zwei hässliche Links – sorry!

www.instagram.com/p/CHAL9zSKj7j/?igshid=1gmqit9l36r85 (Raul Krauthausen)

https://www.instagram.com/p/CIoAEFqH51k/?igshid=jykdqgxcxl3 (Laura Gehlhaar)

Inklusion als Herzensthema

Ich habe katholische Religionslehre, Germanistik und Sonderpädagogik studiert, ich arbeite als Förderschullehrkraft, ich habe selbst eine Behinderung. Inklusion ist mein Herzensthema, über das ich immer noch zu wenig im Internet spreche. Ich versuche, das zu ändern.

Wer den instagram takeover verpasst hat, kann das Highlight sowohl auf dem Account des diabetes ratgebers als auch bei meinem Account ansehen.

Erzählt mir gerne mehr über eure Sicht auf die Dinge und über eure Diskriminierungserfahrungen. Ich freu mich auf den Austausch!

Liebe Grüße

beate_putzt für Inklusion

Weiterführende Links

T1Day2020: Diabetes als Lifecoach? Eine Kritik

Dieses Jahr fand am 26. Januar 2020 wieder der T1Day in Berlin statt: Ein Tag von und für Menschen mit Typ1-Diabetes und deren Angehörige. Ich konnte nicht viele Vorträge live miterleben, da ich Sascha vom diabetesbeachclub hinter und vor der Kamera unterstützt habe.

Den ersten Eröffnungsvortrag habe ich komplett und live angehört und möchte meine Gedanken dazu teilen. Vorab: Die Kritik richtet sich nicht nur an die Vortragende, sondern ist eine generelle Kritik, warum manche Ratschläge zu kurz greifen.

Karima Stockmann: Lifecoach Diabetes – Lebenslust statt Zuckerfrust

Karima Stockmann hielt den ersten Vortrag des Tages. Der Vortrag begann mit dem Titel „Typ1-Diabetes: Life Coach, der Superkräfte verleiht!

Karima erzählte uns, dass sie sich selbst als Teilzeitdiabetikerin sieht. Da stellten sich mir schon die ersten Fragen. Was passiert in der restlichen Zeit mit dem Diabetes? Gibt es einen Aus-Knopf für den Diabetes? Wo finde ich den?

Bildbeschreibung: Frau mit verwirrten Gesichtsausdruck, Hände mit den Handflächen nach oben am Körper abgewinkelt

These: „Lebensfreude ist eine Entscheidung!“

Lebensfreude ist eine Entscheidung – außer, du hast Depressionen oder psychische Erkrankungen. Dann hast du dich falsch entschieden. Trotz Diabetes Life Coach Superkraft.

Strichmensch1: „Jetzt lach doch mal!“, betitelt als Bekannte. Strichmensch2: „Hihi“, Bildunterschrift „entfernte Bekannte“, Bekannte durch Abreißen entfernt.

These: Lifecoach Diabetes und drei Superkräfte!

Der Lifecoach Diabetes bringt laut Karima drei Superkräfte mit sich. Drei Superkräfte beziehungsweise Tipps, die uns helfen sollen, den Lifecoach besser auszukosten. Ok, in mir zieht sich schon alles zusammen, aber ich lasse mich auf dieses Experiment mal ein.

Bildbeschreibung: Foto einer Powerpointpräsentation, Überschrift: „Diabetes mellitus Typ1 = ein Lifecoach, der Superkräfte verleiht“, darunter ein Sessel

Superkraft: Achtsamkeit

Achtsamkeit, klar. Das, was von Küchenpsycholog:innen immer wieder als Allheilmittel angepriesen wird. Karima bat uns, eine Minute zu atmen. „Zum spüren. Spüre den Augenblick. Deine Füße [….].“

Atmen und spüren, alles klar, das geht leicht. Außer, du bist körperlich behindert wie zum Beispiel mit einer Nervenschädigung, die als diabetische Folgeerkrankung bekannt ist.

Superkraft: Dankbarkeit

„Sei dankbar, dass du Diabetes hast.“ Ok, Dankbarkeit für Diabetes. Ich versuch es mal kurz:

Danke, dass ich chronisch krank bin.

Danke, für Diskriminierung und Bürokratie.

Danke, für die Angst vor Folgeschäden bei jedem f*cking Augenärzt:innenbesuch.

Danke, für nassgeschwitzte Laken durch nächtliche Unterzuckerungen.

Danke, dass ich mir Gedanken machen muss, welche Therapiemöglichkeit mein Leben am längsten begleiten wird.

Danke, dass PIEP AMPULLE LEER BITTE WECHSELN.

Versteht mich nicht falsch, ich bin ein sehr dankbarer Mensch. Dennoch bringt mich die pauschale Forderung „Sei dankbar“ nicht weiter. Auch die oft geforderten Vorschläge wie „Sei dankbar, dass es kein Krebs ist“ helfen mir nicht: Kein Tag mit einer Krankheit oder Behinderung ist gleich und das Vergleichen mit Krankheiten und Behinderungen bringt mich nicht weiter. Erinnert mich an die Frage: Wie schwer ist eigentlich Typ1-Diabetes? Der verlinkte Artikel enthält Rechenfehler und ich würde ihn mittlerweile etwas anders schreiben, aber: Im Kern stimmt er noch. Dankbar bin ich dafür, dass ich Menschen kennengelernt habe, die mich weitergebracht haben, die meinen Horizont erweitern. Dankbar dafür, dass ich mich mit digitalen Medien, dem Streit um Inklusion und Diabetestechnik auskenne.

Superkraft: Mut

„Was ich dir auch noch auf den Weg geben möchte, ist Mut. Sei mutig. [….] Trau dich, trotz Diabetes [….]“. Oh ja, Klassiker: Trotz Diabetes. Ich lebe einfach nicht trotz Diabetes, sondern mit Diabetes. Und ja, dieses kleine Wort macht einen feinen Unterschied: Ich treffe keine Entscheidungen dem Diabetes zum Trotz, sondern treffe meine Entscheidungen, um dann zu überlegen, wie ich das mit Diabetes bewältigen kann.

Doch weiter im Vortrag.

„Du bist heute morgen aufgestanden, du hast so eine große Leistung vollbracht, […] du lebst jeden Tag trotz deiner Krankheit. Der Wahnsinn, dass DU heute hier bist, ein Applaus für dich.“

Ok, vielen Dank für den Applaus an mich für meine bloße Existenz. So lange ich eine stabile Blutzuckernacht hatte, ist das Aufstehen keine Leistung für mich. Abgesehen davon, dass ich kein Morgenmensch bin und erstmal viel, viel Kaffee benötige, um überhaupt irgendwas zu tun.

Diese Sätze sind für mich inspiration porn. Mit dem Begriff „inspiration porn“ wird die Handlung bezeichnet, Menschen mit Behinderung aufgrund ihrer Existenz zu beglückwunschen und das Existieren an sich als Leistung zu betrachten.

Superkraft Beate putzt: Aufregen

Mit Verlaub: Ich bin eine positive Realistin und der Vortrag war für mich ein Schlag ins Gesicht. Ich konnte damit gar nichts anfangen. Ja, ich bin achtsam, dankbar und mutig und dennoch ist Typ1-Diabetes eine scheiß Stoffwechselkrankheit, deren Therapie mich jeden Tag herausfordert, jede medizinische Entscheidung beeinflusst, nicht heilbar ist und das Risiko für Folgeschäden erhöht.

Diabetes ist mein Lifecoach, weil ich alle Entscheidungen mit ihm abstimmen muss: Jetzt essen oder nachher essen, wann und wie bewege ich mich (nicht), Krankheit, Zahnarzt-Besuch, etc pp. Ihr kennt das. Ich würde das Wort Lifecoach nicht nutzen, aber meinetwegen. Allerdings verleiht der Diabetes mir keine Superkräfte, sondern konfrontiert mich sehr hart mit mir selbst.

Jonathan Teklu: Diabetes ist meine Stärke

Bei meinem ersten Besuch auf dem T1Day sprach damals Jonathan Teklu, einer der Gründer von studiVZ. Er sprach davon, den Typ1-Diabetes auch als Stärke zu sehen. Der Vortrag hat bis heute bei mir einen positiven Eindruck hinterlassen. Ja, Typ1-Diabetes ist meine Stärke, denn er nötigt mich, mich mit mir selbst auseinanderzusetzen. Allerdings ist auch das für manche Menschen nicht möglich: Kein Zugang zur medizinischen optimalen Versorgung, kein Zugang zu Schulung, Sprachbarrieren, Erschwerung der Therapie durch weitere Erkrankungen, etc.

In meinem Fall bedeutet Diabetes als Stärke, dass ich mich dadurch selbst ziemlich gut kenne: Meine Stärken und meine Schwächen und wie ich beides nutzen kann. Und auch beides nutzen muss, sonst läuft nix. Der Vortrag war für mich deshalb so gut, weil er so pragmatisch war und nichts beschönigt oder schön geredet hat. Von Superkräften war das ganz schön weit weg.

Achtsamkeit, Dankbarkeit, Mut – alles Quatsch?

Long story short: Achtsamkeit, Dankbarkeit und Mut können mich auf meinem Lebensweg unterstützen. Sie sind kein Allheilmittel und sie machen mein Leben auch nicht leicht und bunt, auch wenn ich das möchte.

1. Blogger:innentreffen bei Lilly Deutschland

1.Blogger:innentreffen – Was ist dort passiert?

Blogger:innentreffen bei Lilly Deutschland – und ich durfte dabei sein!

Mittlerweile ist ein wenig Zeit vergangen und ich konnte die Eindrücke sehr gut sortieren. Vor allem konnte ich mein Blutzuckerchaos vom Anreisetag verarbeiten!

Eins vorweg: Dieser Artikel wird nur einen Teil des Blogger*innentreffens abdecken. Lilly Deutschland, und ich meine auch international, hat verschiedene Arbeitskreise (selbstorganisierte Teams), in welchen sich verschiedene Mitarbeitende mit unterschiedlichsten Themen auseinandersetzen: Nachhaltigkeit, Inklusion, Marketing, Familienfreundlichkeit, Bewegung am Arbeitsplatz… Dazu hatte ich die Möglichkeit, mir Informationen einzuholen. Die für mich – und hoffentlich auch für euch -interessantesten habe ich hier zusammengefasst.

Bildbeschreibung: Parkplatzbeschriftung „Lilly Besucher“, von oben fotografiert, ebenfalls sichtbar: Einen Teil von Beates Kleidung/Schuhen
Bildbeschreibung: Schriftzug „Lilly“ im Gebäude innen

Talk: Forschung & Arbeitsgebiete, Geld Geld Geld

Lilly kennen die meisten von uns wahrscheinlich durch das Insulin Humalog. Doch neben Humalog und damit Diabetes forscht und arbeitet Lilly u.a. noch zu folgenden Themen: Onkologie (Krebs), ADHS, Dermatologie (verschiedene Hautkrankheiten), Migräne. Eine spannende Auflistung!

Durch so viele Arbeitsgebiete und erfolgreiche Forschung erzielt Lilly einen guten Umsatz. Inwiefern die Insulinkrise in den USA eine Rolle für den guten Umsatz spielt, konnte mir Lilly Deutschland nicht beantworten. Was auch logisch ist, da Lilly Deutschland eben nur eine Untergruppe von Lilly international ist. Für einen weiterhin guten Umsatz und damit auch Gewinn ist Forschung wichtig. Forschung braucht wiederum Geld. Einen relativ großen Teil des Umsatzes steckt Lilly also selbst wieder in die eigene Forschung. Dennoch würde ich mir wünschen, dass Insulin für alle erschwinglich ist. Was gerade in den USA und anderswo passiert, ist menschenverachtend (obwohl Lilly da sicher nicht die alleinige Schuld trägt).

Talk: Nachhaltigkeit

Dass Medizinprodukte nachhaltiger werden müssen, ist keine Frage. Lilly und insbesondere Lilly Deutschland hat das erkannt und sich trotz schwerer Gesetzeslage aufgemacht, nachhaltigere Pens zu produzieren. Derzeit ist es so, dass wiederverwendbare Pens durch eine Gesetzesänderung 2013 auf das Budget der Praxen gehen und somit ungern verschrieben werden; erklärte uns Lilly Deutschland. Dennoch forschen sie weiterhin zu nachhaltigeren Pens. Zeitgleich hat sich eines der selbstorganisierten Teams zur Aufgabe gemacht, den Standort Lilly Deutschland nachhaltiger zu gestalten: Fairtrade Kaffee, kein Plastikbesteck und kein Plastikgeschirr mehr, Energiesparlampen. Ob die Anstrengungen für so ein großes Unternehmen genug sind, kann ich nicht beurteilen. Dennoch: Das sehe/höre ich selten, so war ich da schonmal begeistert. Ich bin gespannt, was Lilly (Deutschland) in Zukunft umsetzen wird!

Bildbeschreibung: Beate (lächelnd, Hand an der Stirn, Blick in die Ferne)

Talk: Inklusion

Wer mich kennt, weiß, dass Inklusion mein Herzensthema ist. So dauerte es auch nicht lange, bis ich dazu Fragen stellte.

integrity – respect – excellence

Grundsatz Lilly

Jo, klingt erstmal soweit cool. Aber, und das ist für mich immer das Problem an solchen Worthülsen: Klingt cool, weil ein Werbemarketingmensch sich da mal tolle Gedanken gemacht hat. Doch wie viel davon umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt.

Bildbeschreibung: Lea (insulea.de) zeigt lachend auf den Firmengrundsatz: integrity, respect, excellence

Real talk: Lilly Deutschland hat mich da wirklich positiv überrascht. In Deutschland sind ca fünf bis zehn Prozent der Mitarbeitenden Menschen mit Behinderung. Dieser Prozentsatz ist, soweit ich weiß, ziemlich hoch. Dazu kommen noch Menschen wie ich, die keinen Schwerbehindertenausweis haben, nicht gleichgestellt sind und sich trotzdem als behindert (in welcher Form auch immer), beeinträchtigt fühlen oder/und mit einer chronischen Erkrankung leben.

Darüber hinaus setzt sich Lilly Deutschland in einem selbstorganisiertem Team für Menschen mit Behinderung, queere Menschen, Menschen aus Minderheitengruppen insgesamt einfach: Menschen ein. Habe ich so bisher auch viel zu selten gesehen. Durch viel kleines Engagement gelingt es Lilly Deutschland meiner Meinung nach, viel zu erreichen und neben einem guten Betriebsklima vielleicht auch eine Vorbildfunktion für andere Firmen zu besitzen. Am Ende des Tages wusste ich jedenfalls, dass die drei Worte integrity – respect – excellence mehr als nur Worthülsen sind. 🙂

Talk: Verantwortung

Ein so großes Unternehmen wie Lilly hat eine Verantwortung, welche sich Lilly Deutschland und auch Lilly stellt. Ich fand es sehr interessant, dass Lilly verschiedene Wohltätigkeitseinsatzgebiete hat. Zum einen setzen sie sich für Nachhaltigkeit ein. Wie ich oben schon beschrieben habe, sind sie dabei, nachhaltigere Pens zu entwickeln. Dass die gut genutzt werden können, müssen diese auch verschrieben werden dürfen, ohne dass Ärzt:innen Nachteile haben. Da unterstützt Lilly uns Patient:innen, dass wir deren Mittel nutzen dürfen. In Deutschland bringen sie sich außerdem für an Demenz erkrankte Menschen, Diabetes bzw. Onkologie @work ein.

Bildbeschreibung: Bürogebäude Lilly Deutschland von der obersten Etage fotografiert. Blick auf Lilly Schriftzug, Menschen an Infoständen

Talk: Bitterer Beigeschmack

Lilly international fährt Gewinne ein. Dennoch sterben Menschen mit Diabetes, weil sie keinen Zugriff auf Insulin haben. Daran ist nicht nur Lilly international schuld. Doch das schwebte mir den ganzen Tag im Kopf herum und vielleicht habe ich noch mal mehr kritischer hingeschaut, was ich an Lillys Arbeitsweise gut oder schlecht finde. Ich fand den Tag ganz toll: Es arbeiten viele kreative Köpfe dort, denen ich bzw. wir als Bloggende auf Augenhöhe begegenen durften. Es gibt viele tolle Ideen, besonders für Nachhaltigkeit, Gesundheit am Arbeitsplatz und Inklusion. Davon wünsche ich mir ganz unbedingt mehr! Ratlos bin ich dagegen, wie wir #insulinforall erreichen können.

Talk: Tolle Ideen, tolle Menschen

Ein Blogger:innentreffen wäre nichts ohne andere Blogger:innen. Neben Lilly haben wir uns auch untereinander bestens unterhalten und ausgetauscht. Es war ein wirklich außergewöhnlich gutes Blogger:innenevent. In diesem Sinne auch ein großes DANKE an Lilly Deutschland und die anderen Blogger:innen. 🙂

Anstatt euch noch weiter mit langen Texten zu langweilen, schenke ich euch lieber noch ein paar Bilder.

Lea (insulea.de) fotografiert Katharina (nervenauszuckerwatte.de) im Wachturm. Beide lächeln.
Beate, lächelnd, im Wachturm.
Groupie: Diverse Blogger:innen mögen diverse Kaltgetränke.
Bildbeschreibung: Blick vom Schloss Bad Homburg auf Schlossgarten/wald
Bildbeschreibung: Die Teilnehmenden des 1. Blogger:innen-Events Lilly Deutschland

Berichte anderer Blogger:innen

Last, but not least: Disclaimer

Lilly Deutschland hat mich eingeladen, meine kompletten Reise- und Verpflegungskosten wurden übernommen. Meine Meinung bleibt davon unbeeinflusst.

Der Horrortag oder: Warum ich keine Lifestyle-Bloggerin sein könnte

Der Horrortag oder: Warum ich keine Lifestyle-Bloggerin sein könnte?

Lustigerweise schreibe ich diese Zeilen, während ich auf dem Weg zu einem Diabetes-Bloggertreffen* bin, die in der Regel eher lustig und locker sind. Niemanden, den ich kenne, würde ich als Lifestyle-Diabetesblogger:in bezeichnen. Die Blogger:innen, die ich kenne, zeigen Wege und Möglichkeiten, mit dem Diabetes umzugehen und den Weg vielleicht etwas schöner und bunter zu gestalten. Dennoch suchen verirrte Seelen ab und an „Diabetes-Lifestyleblogger“. Nun, da bin ich wohl raus.

Kein Lifestyle oder: Der Horror beginnt

Warum ich keine Lifestyle-Bloggerin sein könnte…?

Ich habe keine Ahnung, was los ist. Ich kann mich nicht erinnern, dass mein Blutzucker das letzte Mal so entgleist ist. Seit 12 Stunden bin ich mittlerweile bei 400 mg/dl. Seit 12:00 Uhr sitze ich nahezu ohne Bewegung im Zug. Katheter gewechselt, System überprüft. Ohne Befund.

Bildbeschreibung: Überschrift: Diabetes, a glamorous bitch. Im Vordergrund ein unbenutzter Katheter. Im Hintergrund ein Bahnsitz „Bitte beurteilen Sie ihre heutige Fahrt“, darunter der eingefügte Werte 398 mg/dl steigend.

Ursache für den Wert? Gänzlich unbekannt. Ich stehe nicht kurz vor meiner Periode, ich habe keinen Alkohol getrunken, geschweige denn den Bolus vergessen oder die Basalrate verändert.

Aufgestanden bin ich mit 80mg/dl, in zwei Stunden ohne Sensor bin ich auf 360mg/dl. Diabetes (egal welchen Typs) ist keine Lifestyleerkrankung, es ist eine f*cking scheiß Stoffwechselkrankheit!

Wutboli – DO or DON’T DO?

Ich bin gerade nicht alleine, Lea (insulea) sitzt neben mir. Sie hat mich ermutigt, mir nochmal mehr Insulin zu geben. Ein Behandlungsfehler war vielleicht, dass ich mir nach 5 Stunden so hoher Werte nicht schon direkt mehr Insulin gegeben habe. Das kommt daher, dass ich mir mittlerweile „Wutboli“ abgewöhnt habe und auf die Wirkung des Insulins vertraut habe. Außerdem habe ich schon so lange keine Entgleisung mehr gehabt, dass ich die Verhaltensweisen bei Entgleisungen etwas verdrängt hatte.

Ich habe mehrfach korrigiert und bin sehr froh, dass ich nicht alleine bin und das Gefühl der Machtlosigkeit teilen kann.

400 mg/dl über Stunden – wenigstens habe ich eine Linie!

Nach vielen Stunden Zugfahrt steige ich aus dem Zug aus. Dabei bemerke ich, dass mir schlecht ist. Ich habe im Zug schon 3 Liter Wasser getrunken und mehrfach die Toilette aufgesucht.

Lea und Katharina (Nerven aus Zuckerwatte), die mittlerweile auch zu uns gestoßen ist, kaufen sich eine Kleinigkeit am Frankfurter Hauptbahnhof. Währenddessen setze ich mir eine Insulinspritze und gebe mir weitere fünf Einheiten ab.

Bildbeschreibung: Werte der letzten Stunden, über Stunden zu hoch mit einer nahezu glatten Linie bei 400 mg/dl.

Bewegung als letzte Chance?

Wir machen uns auf den Weg zur S-Bahn. In Bad Homburg angekommen, laufen wir zu Fuß eine Strecke von 20 Minuten. Mein Blutzucker interessiert das leider kaum. Ich bin bei 380 mg/dl. So langsam werde ich nervös: „Normalerweise“ bei Entgleisungen hilft mir leichte Bewegung. In dieser Form kenne ich Entgleisungen nicht.

Ich begebe mich zur Hotelrezeption, checke ein, betrete mein Zimmer und trinke erstmal eine große Menge Wasser. Raus aus den Stiefeletten, rein in die Sneaker und los geht’s: Ich laufe nachts durch eine unbekannte Stadt. Nach einer gefühlten Ewigkeit piepst der Sensor: Juchuu, Abfall des Werts. Ich laufe, laufe, laufe und beschließe nach 30 Minuten, vorsichtshalber ins Hotel zurückzukehren.

Bildbeschreibung: Ganzkörperspiegelselfie, Blick nach unten, unzufriedener Gesichtsausdruck.

Jedes Drama braucht einen Wendepunkt

Katharina fragt, ob alles ok ist. Ich überlege: Wie ok kann ich nach so einem Tag eigentlich sein? Ich fühle mich ausgetrocknet, erschöpft, und auch so machtlos wie lange nicht mehr. PIEP PIEP PIEP, Abfall von 30 mg/dl pro Minute. Okay, das Insulin scheint zu wirken. Natürlich noch 8 IE aktives Insulin. Es ist 23:15 Uhr, ich bin seit 6:00 Uhr unterwegs. Mir bleibt nichts anderes übrig, als zu essen: Ein Brötchen, Wasser, Wasser, Wasser, ein halbes Brötchen. Ich bin müde, eigentlich will ich nur noch schlafen. Schlaf nach so einem Tag? Unklar, wie der Insulin- und Blutzuckerverlauf sein wird? Mehr Wunsch als das ich das jetzt umsetzen könnte. Ich bleibe noch eine Stunde wach. Der Blutzucker scheint sich zu fangen. Ich lege mich zu Bett und falle in einen sehr unruhigen Schlaf. Was für ein Scheißtag!

Good morning, sunshine!

Nächster Tag. 8:00 Uhr, der Wecker klingelt. Blicke in den Spiegel. Habe ich überhaupt geschlafen? Für den heutigen Tag werde ich für mein Wohlbefinden definitiv Make-Up brauchen. Schütte vorsorglich schonmal einen Liter Wasser in mich rein.

Bei dem Bloggerevent werde ich von vielen Leuten gefragt werden, wie es mir geht. Ich werde wieder mal erfahren, wie es ist, verstanden anstatt verurteilt zu werden. „Manchmal ist das einfach scheiße“ und ähnliches werde ich hören. Im Laufe des Tages werde ich mit dem vergangenen Horrortag meinen Frieden schließen. Und auch dafür bin ich sehr dankbar: Ich bin nicht alleine. <3

*bei dem Bloggerevent handelte es sich um das erste Bloggerevent der Firma Lilly Deutschland. Die Reisekosten wurden von Lilly Deutschland komplett übernommen. Du liest hier weiterhin meine Meinung. Zum Bloggertreffen wird ein gesonderter Artikel erscheinen.

#DBW2019 FAMILY AFFAIRS

Special Diabetesblogwoche 2019: Family Affairs. Mein Diabetes sorgt für den ein oder anderen zusätzlichen Streit oder Lacher in meiner Familie. #DBW2019

#DBW2019: Diabetesblogwoche 2019

Es ist wieder Diabetesblogwoche oder auch #DBW2019. Gut, eine ganze Woche nicht, aber ein kleines Special anlässlich des Weltdiabetestages gibt es: Family Affairs.

FAMILY AFFAIRS – Die lieben Verwandten, wenn wir sie nicht hätten.
In der Familie entstehen oft die besten Geschichten, auch im Bezug auf Diabetes.
Egal ob lustig, traurig oder nervig, wir sind gespannt eure Familie kennen zu lernen.

https://diabetes-blog-woche.de/ (letzter Zugriff: 15.11.2019 17:27)

#DBW2019: beate_putzt goes FAMILY AFFAIRS

Bei diesem Titel muss ich doch gleich an P!NKs „Family Portrait“ denken: „In this family portrait we look pretty happy“. Aber: Friede-Freude-Eierkuchen ist es nicht immer, auch nicht, wenn durch den Diabetes ein neues „Streitthema“ hinzukommt. Von einem lustigen Erlebnis habe ich schon letztes Jahr berichtet.

Kinderdiabetesschulung: Aufregung pur

Alle, die mich etwas besser kennen, wissen, dass meine größte Stärke und Schwäche meine Sturheit, ääh, mein Durchsetzungsvermögen ist. Das äußerte sich auch schon in den Kinderdiabetesschulungen, die ich besuchen durfte.

Ich hatte eine sehr nette und engagierte Kinderdiabetologin in der Kinderklinik, es wurden regelmäßig Freizeiten und Schulungen organisiert. Eines Tages war es soweit: Meine erste Kinderdiabetesschulung, und das noch mit Übernachtung. Wie es sich gehört, natürlich in einem „Schloss“ mit Ritterrüstung und riesigen Schlafsälen. Ich war sehr aufgeregt, als mich meine Familie in die Hände des betreuenden Teams abgab. Sieben Tage ohne elterliches Diabetesmanagement – auch meine Eltern waren aufgeregt!

Mein Diabetesmanagement vor und nach der Schulung lief unter meinen Eltern eigentlich immer recht gut, das muss ich dazu sagen.

Sinn und Unsinn von Therapieentscheidungen: „Aber meine Mama hat gesagt…“

Diabetesschulungen sind ja EIGENTLICH dazu da, das Diabetesmanagment zu verbessern, ABER leider war das bei mir nicht der Fall. Auf einmal sollte ich nachts bei Unterzuckerungen Saft trinken UND Schokoladenriegel essen, was zu hohen Werten am nächsten Tag führte.

Jeder Therapieänderung, die mir komisch vorkam, habe ich mich verweigert. Seriös und sprachgewandt mit dem Satz, dem niemand wiedersprechen kann: „Aber meine Mama hat gesagt…“

Dieser Satz führte dazu, dass ich nachts keine Schokoriegel gegessen habe (außer ich hatte Hunger), Brötchen weiterhin abgewogen habe (Schätzungen kamen mir komisch vor), Nudeln weiterhin mit 60g pro BE/12g KH gerechnet habe und schlussendlich auch der felsenfesten Überzeugung war, der Wechselschlafanzug sei ein Jogginganzug. „Aber meine Mama hat gesagt…“

Bei der Abholung: Der Schock

Irgendwann war meine erste Kinderschulung auch wieder vorbei und meinen Eltern wurde erfreut, aber auch ein bisschen entrüstet, von meinem Satz „Aber meine Mama hat gesagt….“ berichtet. Sowohl meine Eltern als auch ich erlebten einen nachhaltigen Schock. Meine Eltern waren geschockt von meinen Werten in den sieben Tagen Schulung und haben danach alles wieder auf Anfang gestellt. Ich hätte ruhig mal noch mehr „Aber meine Mama hat gesagt…“ sagen sollen.

via GIPHY (Gif-Beschreibung: Max Sheffield von der TV-Show „The Nanny“ fragt seine Tochter: „So sweatheart, how was therapy today?“)

Mein Schock war von einer ganz anderen Sorte: Der tolle, rote Susi und Strolch Jogginganzug stellte sich dann als Schlafanzug raus. Die Ärztin hatte Recht. Das hat dann meine Mama der Ärztin gesagt! Wiederkommen durfte ich übrigens trotzdem…

#DBW2019: Deine Family Affairs

Ich bin gespannt, von deinen Family Affairs zu lesen und zu hören. Was hast du erlebt oder gemacht?

Auf www.diabetes-blog-woche.de erscheinen alle Geschichten, die in Blogform oder als Video eingereicht wurden.

www.diabetes-blog-woche.de [Bildbeschreibung: Zwei Erwachsene, drei Kinder. Überschrift: „Family Affairs“. Link zur Diabetesblogwoche.

Oh I Oh I’m still alive!

Hallo zusammen,

höchste Zeit für ein kleines Alltags-Update! Auf dem Blog war es in den letzten Monaten still. Ich habe irgendwann mein zweites Staatsexamen abgelegt, mit Antje von süßhappyfit einen Triathlon absolviert, die Ferien im höchsten Maße genossen, mich entschieden, für noch ein weiteres Jahr im hohen Norden zu bleiben und und und. Der ein oder andere Bericht wird noch folgen, anderes in Vergessenheit geraten.

via GIPHY

Update: Diabetestherapie

Einstellungen

Durch die vielen Veränderungen habe ich meinen Diabetes teilweise mehr oder weniger mitgeschleift. Das hat zum Glück recht gut funktioniert. Für die nächste Zeit stehen trotzdem einige Basalratentests sowie die Überprüfung einiger Faktoren auf dem Plan. Hätte jemand Lust mitzumachen? Ich denke an eine ähnliche Geschichte wie #teambasalratentest von Anne. Das Ziel wäre, Erfahrungen auszutauschen und sich – falls nötig – zu bemitleiden (Ich HASSE Basalratentests!).

via GIPHY

Dana RS Pumpe

Mittlerweile loope ich schon weit über ein Jahr mit der DANA RS Pumpe. Ich bin nach wie vor zwiegespalten mit dieser Pumpe und leider weiß ich durch intensiven Austausch, dass ich mit meinen negativen Erfahrungen bei weitem nicht die einzige bin.

Nach wie vor….

…nutze ich Do-It-Yourself-Lösungen, um vernünftige Katheter abseits des DANA Sortiments verwenden zu können

…sind Adapter „scharfkantig“ verarbeitet (vgl.: Die Adapter der Accu-Chek Combo sind gummiert). Menschen, die wie ich ihre Pumpe eng am Körper tragen, haben öfter Druckstellen.

…piept die Pumpe ohne Vorwarnung und meldet, dass die Ampulle leer sei – unabhängig vom verbliebenen Füllstand, der sich zwischen 35 – 5 Rest-I.E. befinden kann.

…geht die Batterie ohne Vorwarnung einfach leer und damit die Pumpe aus.

via GIPHY

All diese Dinge haben dazu geführt, dass ich mittlerweile ständig dabei habe:

  • 1 x Setzhilfe
  • 1 oder 2 Wechselkatheter
  • 1 x Batterie
  • 1x Batteriefachöffner oder Münze
  • im Idealfall auch noch: Insulin, Ersatzgewindestange, Ampulle, Aufziehhilfe.

Ich schätze an der Pumpe die stabile und Bluetoothverbindung, die kleine Größe und dass sie nicht bei jedem Bolus- oder jeder Basalratenänderung piept. Am liebsten würde ich die DANA RS mit meiner alten Accu-Chek Combo zusammenschweißen!

So einfach geht das natürlich alles nicht und überhaupt ist es ein Privileg, eine Pumpe nutzen zu dürfen. Das ist mir durchaus bewusst. Dennoch herrscht einfach sooooo großer Nachholbedarf, dass mich solche „Fehlerchen“ richtig wütend machen können. Lebenszeit und Lebensqualität, die dadurch verschwendet wird.

Liebe Pumpenhersteller, die ihr die nächste tolle Pumpe sicherlich gerade entwickelt: Hier könnte ihre Werbung stehen!

In diesem Sinne: Liebe Grüße, Beate

Gewinnspiel #ilovemydexcom

*Dieser Beitrag enthält Werbung, unbezahlt und unbeauftragt.*

Hallo!

Vor einiger Zeit durfte ich gemeinsam mit anderen Blogger*innen Motive für Handyhüllen, Postkarten und Sticker entwerfen. Aufgerufen hatte dazu die Firma dexcom. Getüftelt haben wir unter dem Motto #ilovemydexcom.

Herausgekommen ist ein buntes Sammelsurium, die ich gerne verlosen möchte.

Ein Teil der Ausbeute: 3x Handyhüllen, 2x Postkarten, 1x Sticker

Gewinnspiel

Zu gewinnen gibt es je eine Handyhülle inklusive Sticker und Postkarte!

– 2x eine Hülle für das IPhone 6

– 2x Hülle für das IPhone 8

– 4x eine Hülle für das Galaxy S7

– 1x eine Hülle für das Galaxy S8

Transparenz

Die Kosten der Produktion für Handyhüllen, Postkarten und Sticker trägt Dexcom. Dexcom steht nicht im Bezug zum Gewinnspiel. Das Gewinnspiel haben wir Blogger*innen uns überlegt. Die Versandkosten trage ich als Privatperson, der „Beate putzt“ Blog. Ich habe keine Einnahmen durch die Kooperation.

Übrigens: Alleine hätte ich so eine Aktion niemals auf die Beine stellen können, wie oben schon erwähnt. Den Staffelstab übergebe ich daher an diafeelings.

Mitmachen?

Du kannst mitmachen, indem du diesen Beitrag kommentierst und mir zwei Dinge verrätst: Warum möchtest du gewinnen? Welche Handyhülle bräuchtest du? Dazu kommentiere bitte und nutze den Hashtag #ilovemydexcom.

Das Gewinnspiel endet am Sonntag, 14.04.2019 um Mitternacht.

Die*der Gewinner*in wird von mir ausgelost.

Liebe Grüße, Beate

Dexcom G5 gegen Dexcom G6 – kann es nur einen geben?

In den letzten Wochen habe ich mein gewohntes Dexcom G5 System gegen den Dexcom G6 Sensor im Vergleich getragen. In diesem Blogpost möchte ich euch über meine Erfahrungen berichten. Der Vergleich ist aus meinen Erfahrungen entstanden und entspricht natürlich keiner klinischen Studie 😉 Hinzu kommt, dass ich den Sensor nicht nach den Anweisungen von Dexcom getragen habe: Ich habe ihn am Arm getragen und zum Auslesen der Werte x-drip statt clarity verwendet.

Disclaimer: Der Dexcom G6 wurde mir von der Firma Dexcom unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Dieser Beitrag bildet  lediglich meine ehrliche, eigene Meinung ab


Eine Kurzübersicht

  Dexcom G5 Dexcom G6
Tragedauer 7 Tage 10 Tage
Kalibrieren 2x täglich läuft ohne kalibrieren, kalibrieren ist optional
Aufwärmphase 120 min: wird durch einen sich füllenden grünen Kreis abgebildet, am Ende der Aufwärmphase MUSS 2x kalibriert werden 120 min: wird durch Minuten der Wartedauer angezeigt, danach startet der Sensor automatisch
Genauigkeit: Erster Tag nach dem Setzen passend zum Blutzucker Abweichungen zum G5 und zum Blutzucker
Genauigkeit: Restliche Tage passend zum Blutzucker passend zum Blutzucker, häufige Übereinstimmung mit dem G5
Warnungen zuverlässig reagiert noch schneller als der G5, zusätzlich neu: „Hypo erwartet in xy Minuten“ -> Sehr praktisch!
App Ich nutze eine gepatche Dexcom-Version für clarity Ich nutzte x-drip, da ich kein kompatibles Handy habe -> lief sehr gut!
Sensor kleinere Klebefläche im Vergleich zum G4/G5-Sensor, abgerundete Ecken
Setzhilfe Im Vergleich zum G6 höherer Schmerz Ansetzen, klicken, fertig. Das auch noch schmerzfrei. Wunderbar!
Transmitter grau, oval mit Ecken grau, oval, ist mittlerweile flacher

Ergänzungen zum Vergleich Dexcom G5 und Dexcom G6

Die Kalibrierung erfolgte immer über das Accu-Chek Aviva.

Beide Systeme sind offiziell für Therapieentscheidungen zugelassen (überprüft das unbedingt, das gilt nicht für jedes CGM und FGM!). Die neue Setzhilfe des Dexcom G6 liegt gut in der Hand, sie besteht aus wiederverwendbaren Plastik – leider ist sie ein Einwegprodukt. Daher gut, dass es wenigstens wiederverwendbares Plastik ist.

Ärgerliches….

Trotzdem wünsche ich mir da von allen Herstellern mehr Bemühungen für nachhaltige Alternativen. Weiterhin ärgerlich (für Dexcom G5 und Dexcom G6) ist die mangelnde Handyauswahl. Ja, man kann auch anders an die Sensordaten kommen als mit der offiziellen App – allerdings ist das dann „off-label“-use und manche Hinterwäldlerarztpraxen sollen ja dann die Behandlung verweigern. Außerdem muss ich auch ehrlich sagen: Eine professionell programmierte App sieht auch einfach ein bisschen schicker aus als ein open source Produkt. Die neue Clarity App soll ganz toll sein, dazu fehlen mir nun leider die Erfahrungen. Die Zeit, in der ich ein Zusatzlesegerät nutze, sind bei mir vorbei und ich denke, bei vielen von euch auch.

Fazit

Meiner Meinung nach sind beide Systeme für mich gut. Geärgert hat mich, dass der Dexcom G6 am ersten Tag jeweils blöde Werte angezeigt hat, die nicht passend waren. Ein Hinderungsgrund, weshalb ich noch nicht auf das Dexcom G6 wechseln möchte, ist, dass es noch keine gepatchte Dexcomapp gibt. Somit kann ich kein clarity nutzen. Mein Diabetesmanagement besteht zur Zeit aus einer ausgeklügelten Mischung zwischen Clarity und Nightscoutberichten. Vielleicht müsste ich mich auch nur weiter auf x-drip einlassen…wer weiß.

Welches System interessiert dich zur Zeit? Welche Auswahlkriterien stellst du auf, wenn du auf der Suche nach einem neuen System bist? Am meisten interessiert mich zur Zeit: Wie sehr DIY und open source darf dein Diabetesmanagement sein? Ich hätte beispielsweise vor einigen Jahren nie gedacht, dass ich nicht offizielle Angebote, sondern Bastellösungen nutze und damit hochzufrieden sein werde.

Liebe Grüße, Beate

P.S.: Den Dexcom G4 habe ich vor längerem mit dem G5 verglichen, den Bericht findest du hier.