Aufreger der Woche: Diabetes und Zyklus

Diabetes und der Einfluss des Zyklus – ein Thema, das viele Fragen aufwirft und dennoch viel zu wenig Beachtung findet.

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Es gibt Themen, über die wird meiner Meinung nach eindeutig zu wenig kommuniziert. Diabetes und Zyklus gehört dazu. Dass eine schwankende Hormonlage Einfluss auf eine hormonbasierte Therapie (Insulin) hat, müsste eigentlich klar sein und auch offen besprochen werden. Eigentlich.

Diskussion: Schwankungen und eine Zweigstelle zwischen FA und Diadoc?

Dass dies nur eigentlich so ist, zeigte sich vor kurzem beim #diabetesbarcamp, als Tine ihre session: Bloody hell – Diabetes & Zyklus hielt. Circa zwanzig Frauen unterschiedlichen Alters saßen gemeinsam da und besprachen teils zum ersten Mal die Auswirkungen des Zyklus sowie einiger Verhütungsmethoden auf den Diabetes. Dabei fielen mir zwei Dinge auf: Zum einen, dass es wieder einmal keine Pauschalantwort gibt, um Schwankungen zu verhindern. Zum anderen, dass manche Ärzte die Auswirkungen des Zyklus auf den Diabetes und den restlichen Körper nicht ansprechen und teils ignorieren. Völlig fehlt bisher eine Zweigstelle zwischen Frauenärzt*in und Diabetesärzt*in.

wie wirkt sich der Zyklus auf die Blutzuckerkurve aus?

Mehrheitlich wurde von erhöhten Werten vor der Blutung und eher niedrigen Werten während der Blutung berichtet. Das kann ich von meiner Seite aus nur bestätigen. Doch warum ist das eigentlich so? Passenderweise hatte ich diese Woche einen Termin bei meiner Diabetesärtztin, die glücklicherweise ein offenes Ohr und viel Kompetenz besitzt. Kurze Zeit vor der Blutung sind der Östrogen- und Progesteronspiegel höher, was den Blutzucker erhöhen kann. Mit der Blutung sinken Östrogen- und Progesteronspiegel, was den Blutzucker wiederum eher niedrig und flach hält (Mehr dazu auch hier). Das Progesteron- beziehungsweise Gelbkörperhormon sorgt übrigens nicht nur während der Periode, sondern auch bei einer Schwangerschaft für weniger schwankende und eher niedrige Werte, so meine Diabetologin.

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Umgang mit Zyklusauswirkungen?

Leider ist es mitunter schwierig, mit diesen Auswirkungen umzugehen. Jeder Zyklus verläuft etwas unterschiedlich. Nicht nur mir, sondern auch anderen Frauen fällt das rechtzeitige Einordnen der Symptome schwer – hinterher ist uns allen klar, dass fast schon insulinresistente Phasen immer mit der prämenstruellen Phase einher aufgetreten sind. Um das Problem zu beheben, werde ich versuchen, drei Monate meinen Zyklus zu tracken und hinterher auf meine Blutzuckerwerte zu legen. Eventuell lassen sich daraus noch feinere Muster ableiten.

Grundsätzlich benötige ich zwar vor der Periode mehr Insulin und während der Periode weniger, wie viel mehr oder weniger ist gefühlt jedes Mal unterschiedlich. Ich hoffe, dass mir die Auswertung in drei Monaten weiterhilft. Wie sind da deine Erfahrungen?

Let’s talk!

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Abgesehen vom Barcamp habe ich mich noch nie mit anderen Diabetikerinnen ausgetauscht. Ich freue mich über Erfahrungen, Tipps, Tricks oder einfach nur Gedankenaustausch. 🙂

Zu guter Letzt zwei Wünsche : Ich wünsche mir mehr Zweigstellen, die verschiedene medizinische Aspekte zusammenbringt. Ich wünsche mir, dass wir mehr Mut haben, vermeintliche „Tabu“themen anzusprechen, um so mehr Aufklärung und Wissen erreichen können.

Herzliche Grüße, Beate

Mein Leben, mein Dexcom und ich

Zwar keine rtl-Serie, dafür 20 Tage dexcom: 2 Baustellen, 2 Taschen & problemlos putzen.

Hach ja, mit diesem Titel könnte ich im Vergleich zu „Mein Leben und ich“ keine Serie der frühen 2000er bei rtl drehen (lassen), aber weder heiße ich Wolke Hegenbarth, noch habe ich gerade Zeit dafür. Was den Diabetes betrifft ist mein Leben mindestens so spannend, dramatisch und teilweise natürlich auch pubertär. Irgendwas muss ich ja auch können.

Mode

Mittlerweile hab ich den zweiten Sensor und damit auch die Tragestelle gewechselt. Der erste Sensor lag am Oberarm, der jetzige oberhalb der Brust (entgegen der Empfehlung der Diabetesberaterin ;)). Ich hatte von Krankenschwestern/pflegern schon gehört, dass das für sie eine elegante Trageweise ist. Weh tut’s nicht, der Sensor liegt seit 5 Tagen und die Werte stimmen. 🙂 Ein paar Tage zuvor war ich gefühlt als Roséschorle verkleidet und mit pinknem Kinesiotape unterwegs. Gibt’s auch schlimmeres. 😉

Ich habe schon zwei für mich praktische Taschen gefunden. Eine von meinem Accu-Chek Aviva Combo Messgerät und eine habe ich von tallygear.com durch einen Tipp aus unserer #dedoc gekauft.

Diabetes ist Einstellungssache!

Soweit zum „modischen“ Aspekt. Leider bin ich, was die Werte betrifft, noch gar nicht so zufrieden. Ich habe schon mehrfach ausgelesen und mache langsam Fortschritte mit dem Verstehen der Software. Leider hat mit dem dexcom meine Bereitschaft abgenommen, meine Erlebnisse (Insulin, Kohlenhydrate, Sport,…) zu dokumentieren. Zum einen liegt das an der Darstellung im Dexcom-Ausleseprogramm. Das gefällt mir da absolut nicht. Auf der anderen Seite bin ich leider zu faul, zusätzlich zum Empfänger auch ständig mein Handy (und damit mysugr) mitzuschleppen und/oder auf meinem Blutzuckergerät rumzutippen. Da muss ich noch an mir arbeiten. Wie macht ihr das? Momentan lese ich so oft aus, da hab ich eh noch alles im Kopf. Auf Dauer ist das aber nicht die Lösung.

Manche Gewebezuckerverläufe treiben mich auch in den Wahnsinn. Obwohl ich weiß, dass ich das nicht soll, habe ich in den letzten Tagen bei Trendpfeilen nach oben doch korrigiert. Shame on me. Trotz aktiven Insulins. Leider sind jetzt die Daten schlechter auswertbar und ich werde das die nächsten Tage wieder lassen…auch, um zu hohe Insulindosen und damit zu niedrige Werte zu vermeiden. Beim auslesen sind mir zwei Problemfelder aufgefallen, sichtbar hier in diesem Bild:

Problemfeld 1 und 2

Nachmittags bin ich jeden Tag mindestens an der Niedriggrenze von 75mg/dl. Da weiß ich noch nicht, ob es am zu hohen Mittagsfaktor oder zu hoher Basalrate liegt. Leider ist gerade das Mittagessen alles andere als regelmäßig, da bleibt es erstmal spannend.

Vormittags ist und bleibt mein großes Problemfeld. Hier brauche ich auch deine Erfahrung: ich halte morgens schon 20Minuten Spritz-Ess-Abstand ein. Jetzt bleibt der Zucker zwei oder mehrere Stunden zu hoch. Basalrate ist überprüft: passt. Wenn ich den Spritz-Ess-Abstand erhöhe: unterzuckert. Wenn ich den Faktor erhöhe: unterzuckert. Wenn ich nach dem Frühstück noch eine Einheit abgebe: unterzuckert. Das Problem ist für mich leider nicht neu, es regt mich trotzdem auf…hast du noch irgendwelche Tipps?

Gar kein Problem ist das Putzen mit dexcom. Er spricht mit mir, wenn sich mein Blutzucker verändert und ich habe schon mein Zimmer, den WG-Flur und den Balkon auf Vordermann gebracht. Die Ausrede von schlechten Werten ist hiermit nun weg. #beate_putzt!

Viele Grüße, Beate

Eigen- und Fremdwahrnehmung bei (schweren) Unterzuckerungen

Eine Sache, auf die ich gerne verzichten würde, sind Unterzuckerungen. Sie sind fies, kommen oft schnell, aus heiterem Himmel und lassen mich teilweise handlungsunfähig werden.  Dieser Beitrag befasst sich hauptsächlich mit meinen Erlebnissen bei schweren Unterzuckerungen, die ich sehr selten habe. Eine Unterzuckerung ist, wenn der Körper zu viel Insulin im Verhältnis zu zu wenig Zucker hat. Auslösende Faktoren können z.B. eine falsch berechnete Nahrung, Sport, unvorhergesehene Bewegung, eine zu hohe Insulindosis, einiges weitere oder verschiedene Faktoren zusammen sein.

Anzeichen einer Unterzuckerung

Nicht jeder Überschuss an Insulin führt zu schweren Unterzuckerungen – zum Glück!   Die Außenwahrnehmung kann sich dabei beträchtlich von meiner eigenen Wahrnehmung während und nach einer (schweren) Unterzuckerung unterscheiden. Anzeichen für eine Unterzuckerungen sind bei mir Unkonzentriertheit, extreme Stimmungsschwankungen, Störungen beim Laufen und Sprechen, verlangsamte Bewegungs- und Sprachabläufe, lallen, zitternde Hände, Blässe, Müdigkeit, Heißhunger und im schlimmsten Fall: Krämpfe, die denen eines Epileptikers ähneln. Es können ein oder mehrere Anzeichen auftreten.

Das Problem bei leichten wie auch bei schweren Unterzuckerungen ist, dass es für jemanden, der mich nicht so gut kennt, sehr schwer ist, diese zu erkennen. Insgesamt kann ich diese Personen an einer Hand abzählen und alle außer einer gehören zu meiner Familie. Viele fragen sich, warum ich mich so komisch verhalte; kombinieren das aber in diesem Zusammenhang nicht mit Unterzuckerungen. Das soll jetzt nicht so klingen, als hätte ich ständig Unterzuckerungen! Trotzdem kann es mal passieren, dass ich in eine leichte Hypo komme, aus der ich mir schnell und einfach selbst helfen kann, die aber mein Gegenüber zwecks meines Verhaltens etwas irritieren kann.

Ich arbeite mit Menschen, von denen einige Epilepsie haben. Teilweise seit Jahren anfallfrei. Aber: Ich weiß, was die Anzeichen für einen Anfall sind, wo die Notfallmedikation ist, wie sie zu geben ist – einfach was zu tun wäre. So sehe ich das mit dem Diabetes: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Im Falle einer Unterzuckerung: gebt dem Affen Zucker! D.h. entweder ich versorge mich selbst oder bin im Extremfall auf Fremdhilfe angewiesen. Wie gesagt, äußerst selten, kann aber passieren.

Die Notfall-Glukagon-Spritze

Ich habe meiner WG neulich die Notfall-Glukagon-Spritze erklärt: Wann könnt ihr sie geben und wie ist sie zu geben. Die Glukagon-Spritze regt die Leber zur körpereigenen Glucose-Ausschüttung an, vereinfacht ausgedrückt. Zum Glück habe ich mich hinterher mit meiner Mama unterhalten, denn mir waren einige Faktoren über mich und schwere Unterzuckerungen nicht bewusst. In meinem Leben habe ich die  Notfallspritze zweimal gebraucht – damals war ich in der Pubertät und der ganze Körper im Umbruch. Zu dieser Zeit habe ich auch meines Empfindens nach häufiger gekrampft. In meiner Wahrnehmung war ich zur Gabe der Notfallspritze auch ohnmächtig. Richtig ist: Ich habe so stark gekrampft, geschrien und geschlagen und war zum trinken nicht mehr in der Lage. Deshalb habe ich die Spritze bekommen. Für mich waren diese Krämpfe so einprägend, dass ich dachte, ich hätte einige davon gehabt. Dem ist nicht so, die könne man wohl an einer Hand abzählen.

Bitte gut sichtbar im Kühlschrank lagern!
Bitte gut sichtbar im Kühlschrank lagern!

Wie fühlt sich eine (schwere) Unterzuckerung an?

Oft können sich andere Personen nicht vorstellen, was es heißt, eine schwere Unterzuckerung zu erleben. Von außen ist die Person irgendwie ANDERS. Eventuell verbunden mit Zuckungen oder Krämpfen, eventuell mit Verhaltensänderungen. Bei leichten Unterzuckerungen fühle ich mich zu blöd für diese Welt. Bei schweren Unterzuckerungen ist das etwas komplizierter: Für mich ist alles wirr und verschwommen, ich kann keine klaren Gedanken fassen. Manchmal gelingt mir das sogar, aber mein Körper gehorcht meinen Befehlen nicht mehr. Ich bin extrem lichtempfindlich, habe Schweißausbrüche, bin emotional angreifbar,  und hinterher oft von Kopfschmerzen bis hin zu Migräne geplagt.  Als Kind habe ich oft flackernde Lichter gesehen, die stärker waren, wenn das Licht an war. D.h. wenn ich krampfe: Licht dämpfen und nicht festhalten. Die Krämpfe gehen weg, wenn wieder genug Zucker im Blut ist. Hinterher weiß ich oft gar nichts mehr und muss fragen, was ich gemacht habe.

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Keine Angst, diese schweren Unterzuckerungen sind äußerst selten (und passieren mir leider in 99% der Fälle nachts). Trotzdem können sie auftreten und es ist wichtig, dass mein näheres Umfeld weiß, wie es im Notfall zu reagieren hat. Oft geht’s auch einfach schneller, wenn mir jemand bei einer leichten Unterzuckerung hilft, die schei* Verpackung der Traubenzucker oder Saftpäckchen aufzumachen. Mit zittrigen Händen kann das etwas komplizierter sein – ich als gut konditionierte Diabetikern kann das aber ganz gut. 😛

IMG_7461Deshalb plädiere ich an alle Diabetiker: klärt euer Umfeld auf – wie verhaltet ihr euch? Was ist in Notfallsituationen zu tun? Sonst entsteht schnell Überforderung und Unsicherheit. Es ist äußerst selten, dass ich auf Fremdhilfe angewiesen bin – trotzdem ist es meiner Meinung nach besser, für den Notfall aufzuklären und auch ein Bewusstsein für Verhaltensänderungen bei leichten Unterzuckerungen zu schaffen. Gerade in Filmen wird bei Unterzuckerungen oft nach Insulin gerufen und auch ich wurde schon x-Mal gefragt: „Ah, da musst du dann spritzen?“ Genau dieses Halbwissen gilt es zu bekämpfen.

Zusammengefasst „Verhalten bei Unterzuckerungen“: Falls Unterzuckerungen auftreten, bekämpfe ich diese mit fettfreien, zuckerhaltigen Lebensmitteln wie Cola, Saft, Banane, etc. und bei körperlicher Aktivität lege ich eine Pause ein. Im Notfall weiß ich, dass mein näheres soziales Umfeld weiß, was zu tun ist. Die „Diabetes-Schulung“ frische ich bei meinen Freunden regelmäßig auf. Und so können alle Beteiligten beruhigt miteinander leben. 😉

Viele Grüße – beate_putzt mit Saftpäckchen