Boostern mit Diabetes #ÄrmelHoch

#ÄrmelHoch Bin jetzt geboostert. 🙂

Am Arbeitsplatz, sprich Schule, mit vielen Kolleg*innen. Wir sind solidarisch. (Die, die gestern nicht geboostert wurden, sind schon oder werden noch geboostert.) Bin sehr dankbar dafür. Natürlich freiwillig und nicht verpflichtet. Geld gibt’s dafür auch nicht. Stattdessen mehr Schutz für mich, für mein privates Umfeld, für mein Kollegium und auch für unsere Schüler*innen.

Einen Tag später und mir geht’s gut. Leichte Armschmerzen und etwas mehr Müdigkeit. Sonst nichts. Hätte ich so auch nicht erwartet, da ich bei den ersten beiden Impfungen nahezu alle Impfreaktionen hatte. Diabetesmäßig läuft es ebenfalls sehr gut. So war es bei den letzten Impfungen (egal welcher) auch. Der Hügel kommt davon, dass ich Risotto selten esse, zum ersten Mal gekocht habe und dann natürlich völlig daneben liegen musste. 😉

Gewebezuckerverlauf der letzten 24h

Ich kann mich nur wiederholen: Lass dich impfen. Das erste, zweite, dritte, … Mal.

Weltdiabetestag 2021

Weltdiabetestag 2021 – Warum ist das wichtig? Interessiert mich das überhaupt? Ein paar schnellgetippte Gedanken.

Weltdiabetestag 2021 – Warum ist das wichtig? Interessiert mich das überhaupt? Ein paar schnellgetippte Gedanken.

Bildbeschreibung: Collage aus Text, Grafik, Foto. Beate mit Stirnband in Nahaufnahme, lächelnd. Text: Ich. Ich bin. Ich bin Mensch. Ich bin Mensch mit. Ich bin Mensch mit Diabetes. Ich mit Diabetes. Grafik: Insulinpumpe.

Ich wünsche euch allen einen schönen Weltdiabetestag. Ja, für mich ist jeder Tag irgendwie mein persönlicher Weltdiabetestag. Wofür braucht es dann diesen Tag?

Der Weltdiabetestag nutzt allen Menschen mit Diabetes. Zum Beispiel im deutschsprachigen Raum, um die Politik auf uns aufmerksam zu machen (verbessert werden könnte zum Beispiel die Schulung und die Digitalisierung des Gesundheitswesens). Auch hier werden Menschen mit Diabetes häufig spät diagnostiziert, egal welchen Typs – durch Veranstaltungen wie den Weltdiabetestag gelingt es, Aufmerksamkeit für die Erkrankung zu generieren und auch mal Symptome von Diabetes zu erklären.

Je nach Land oder Region ist die Versorgung von Menschen mit Diabetes unterirdisch schlecht. Menschen sterben oder leben im schlechten Zustand, weil es zum Beispiel kein Insulin gibt. Insulin zählt zu den teuersten Flüssigkeiten weltweit. Danke für nichts. Deswegen werft bei einem Insulinwechsel bitte kein Insulin weg, sondern spendet es für Insulin zum Leben.

Der Weltdiabetestag geht zurück auf Frederick Banting. Dieser verzichtete auf das Patent von Insulin, um vielen Menschen helfen zu können. Dieses Jahr: 100 Jahre Insulin! Mich begleitet Insulin von außen schon über 27 Jahre. Also: Danke Dres. Best & Banting.

Waldbaden: Diabetes und Sport

Diabetes, Sport und entspannendes Baden, gleichzeitig? Geht nicht? Geht doch! Waldbaden. Noch nie gehört? There you go!

Was ist Waldbaden?

Waldbaden oder das Aufhalten von mindestens 15 Minuten im Grünen senken nachweislich Stress, Herzfrequenz und den Blutdruck. Dazu zählen zum Beispiel Wälder oder Parks. Waldbaden ersetzt natürlich keine Medikamente, ist jedoch super als Prävention, auch gegen Depressionen und Burnout. Auch wenn der Aufenthalt im Freien, wie zum Beispiel am Meer, als entspannend empfunden wird – die genannten Effekte gibt es nur im Wald. (Quellen: techniker.de, quarks.de, nabu.de, ndr.de)

Ich bin ein echtes Waldkind. Kein Wunder, bin ich mitten im Pfälzer Wald aufgewachsen! Ich liebe es, mich im Wald zu bewegen oder auch „nur“ zu chillen und die Natur zu beobachten. Dass das Waldbaden heißt, habe ich erst vor ein paar Jahren gelernt. 😉 Es braucht für mich nicht viel: Etwas Zeit, gute Laufschuhe und Kleidung (noch mehr Tipps bei meindiabetesblog.com), Diabetesmanagement.

Sport und Diabetes im Wald

Diabetes und Sport ist generell eine Herausforderung – ich finde, es lohnt sich immer, diese anzugehen! Bevor ich loslege, versuche ich, möglist kein aktives Insulin mehr im Körper zu haben. Meistens klappt das nicht und ich gehe erst nach Mahlzeiten los, sprich mit aktivem Insulin. Da heißt es: Vorausschauend agieren. Ich gebe dann deutlich weniger Bolus ab und stelle den Zielwert im AndroidAPSLoop deutlich höher (140 mg/dl – 180 mg/dl anstatt 100 mg/dl, nach Bauchgefühl). Je nachdem, wie aktiv ich sein möchte und wie lange, stelle ich das Basalratenprofil niedriger.

Na, und natürlich müssen auch Zusatz-BEs mit. Ich transportiere die meistens in einer kleinen Bauchtasche oder in einem Laufrucksack. Inhalt: Schlüssel, Handy, Tempo, Saft oder Gel, Gummibärchen o.ä., Müsliriegel. Der Vorteil beim Laufrucksack ist für mich, dass er mich im Gegensatz zu anderen Taschen null stört. Er wackelt nicht, sondern sitzt stabil auf dem Rücken. Auch Rutschpartien oder bergauf-bergab-Torturen sind damit möglich.

Beate läuft einen Berg im Wald hoch. Auf ihrem Rücken ist ein Laufrucksack.

Diabetesmanagement bedeutet für mich, immer zwei Schritte weiter zu denken. Gestern war ich zum Beispiel anstatt der geplanten 6km doppelt so lange unterwegs. Dank meiner Planung hatte ich genügend Zusatz-BEs mit. Oft brauche ich keine Zusatz-BEs, aber: Man weiß ja nie! Da leb ich wirklich lieber auf der sicheren Seite.

Das schöne am Waldbaden ist: Alles kann, nichts muss. Und egal ob Bewegung oder nicht, es ist für jede und jeden geeignet. Mir macht es mit Bewegung (spazieren, walken, selten trailrunning) und Pausen am meisten Spaß.

Viel Freude und Erholung im Wald. Mit etwas Planung alles kein Problem. 😉

Aufreger der Woche: Diabetes und Diskriminierung

Mir meiner Diskriminierungserfahrungen bewusst zu werden, war für mich ein wichtiger Prozess. Es lenkte den Blick weg von mir als Einzelperson zu uns als Gruppe von Menschen mit Diabetes und Behinderungen. Diskriminierung ist eben nichts, was ausschließlich ich erfahre!

Diabetes als Behinderung – Diskriminierung durch Diabetes

„Ich bin doch nicht behindert.“ Das habe ich vor wenigen Jahren noch selbst gesagt. Im Jahr 2021 hat sich viel geändert mit der Sicht auf Behinderung und was eine Behinderung ausmacht.

Vor kurzem habe ich auf instagram für den diabetes ratgeber ein takeover gemacht. Thema: Diskriminierung und Diabetes. Dieser Artikel ist eine vertiefte Zusammenfassung davon und eine Aktualisierung meines 2015 Artikels „behindert sein vs behindert werden , den ich heute nicht mehr ganz so schreiben würde.

Definition Diskriminierung im rechtlichen Sinne

Eine Diskriminierung im rechtlichen Sinne ist eine Ungleichbehandlung einer Person aufgrund einer (oder mehrerer) rechtlich geschützter Diskriminierungskategorien ohne einen sachlichen Grund, der die Ungleichbehandlung rechtfertigt. Die Benachteiligung kann ausgedrückt sein z. B. durch das Verhalten einer Person, durch eine Vorschrift oder eine Maßnahme.

https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Handbuch_Diskriminierungsschutz/Kapitel_2.pdf?__blob=publicationFile&v=5, letzter Zugriff 27.02.2021

Wie behindert Diabetes?

Menschen mit Diabetes und Menschen mit anderen chronischen Erkrankungen und Behinderungen haben alle ähnliche Erfahrungen in Bezug auf Barrierefreiheit und Inklusion gesammelt. Eine Person, die Rollstuhl fährt, hat andere Diskriminierungserfahrungen als eine Person, die blind ist. Trotzdem treffen wir an bestimmten Punkten aufeinander und siehe da „Ah, das kenn ich auch!“ kommt immer wieder in Gesprächen vor.

  • Diskriminierungserfahrungen bei Ärzt*innen und medizinischem Personal
  • Du bist so eine starke und inspirierende Persönlichkeit! alias inspiration porn
  • Absprechen von Erfahrungen und Expertise (bei uns Menschen mit Diabetes z.B. übergriffiges Verhalten wie „Du darfst das nicht essen! Ich kenn mich da aus!“)
  • Erschwerter Zugang zu Bildung: Schwierigkeiten bei der Wahl des Kita-Platzes, der Schule plus Schwierigkeiten der pflegenden Angehörigen, vorrangig Mütter, weiter beruflich tätig zu sein. Jede 10.Mutter gibt ihre Arbeitsstelle auf.
  • Kämpfe mit Krankenkassen, MDK und Co für Hilfsmittel (wer hat noch nicht gebangt, ob das CGM wieder genehmigt wird?)
  • Probleme bei der Verbeamtung und selbst mit Behindertenausweis Probleme bei der Versicherung
  • Keine Chance, mit Diabetes eine Berufs- oder Dienstunfähigkeitversicherung abzuschließen (ok, seit neuestem gibt es da eine verrückte Version – davon bin ich noch nicht überzeugt und auch da hängen so viele ABERs dran, dass es sich deutlich von Menschen ohne Behinderung unterscheidet)

Sich dessen bewusst zu werden, war für mich ein wichtiger Prozess. Es lenkte den Blick weg von mir als Einzelperson zu uns als Gruppe von Menschen mit Diabetes und Behinderungen. Diskriminierung ist eben nichts, was ausschließlich ich erfahre!

Das sind doch nur Einzelfälle!?

Diskriminierung ist möglich, weil das System es erlaubt (ähnlich wie bei Rassismus oder Sexismus). Diskriminierung ist vielschichtig.

Es kann natürlich sein, dass ein sehr unsympathischer Mensch zusätzlich zur Diskriminierung noch blöd wird. Aber auch nette, sympathische Menschen können sich diskriminierend verhalten (siehe die zahlreichen Beispiele unter dem Posting des diabetes ratgebers). Das System an sich ist auch schon diskriminierend.

Beispiel: Krankenversicherung und Diabetes Typ1 als Beamtin

In meinem Referendariat als Beamtin auf Widerruf 2018/2019 konnte ich mich nicht privat versichern, da die Öffnungsklausel nur für Verbeamtung auf Probe gilt. Also musste ich mich freiwillig gesetzlich versichern, zu einem deutlich höheren Preis als meine Mit-Referendar*innen in der PKV. Mein knappes Referendariatsgehalt wurde nicht angepasst. Für eine Krankheit, für die ich unfreiwillig Verantwortung trage, wurde ich bestraft.

Danach war ich ein Jahr angestellte Lehrkraft, hier war ich gesetzlich pflichtversichert und es gab keine Probleme.

Seit Oktober 2020 bin ich verbeamtet auf Probe. Eine freiwillig gesetzliche Versicherung ist sehr teuer. Nach Abwägen vieler Gründe habe ich mich für eine private Krankenversicherung entschieden. Dort zahle ich nun 30% (!!!) Risikozuschlag plus bin im stationären Bereich runtergestuft als gesetzlich Versicherte. Mein Gehalt wird auch hier nicht angepasst.

Das tut zwar allen Mitarbeitenden in allen Versicherungen immer totaaaaaaal Leid, ändern tut sich aber nix. Und da wir Menschen mit Behinderungen immer noch keine Lobby haben , setzt sich eben niemand für uns ein. Ich werde behindert.

Behinderung als Status

Meine Behinderung an sich ist erstmal nur ein Fakt: Teile meiner Bauchspeicheldrüse arbeiten nicht, ich übernehme einen Teil eines lebenswichtigen Organs. Das dass richtig nervig sein kann, wissen wir alle.

Manchmal möchte ich meinen Diabetes gerne abgeben. Die meiste Zeit lebe ich zufrieden mit meinem Diabetes. Diabetes ist eine meiner Stärken. Und egal, wie ich meine Behinderung wahrnehme – ich mache immer wieder diskriminierende Erfahrungen. Genau das zeichnet Diabetes als Behinderung aus, ob ich einen Behindertenausweis besitze, ist dafür überhaupt nicht relevant.

Dazu haben schon viele kluge Menschen geschrieben. Ich verlinke mal zwei meiner Lieblingsbeiträge. Leider ist das Einbetten von instagram Beiträgen nicht mehr erlaubt, deshalb sind es wirklich zwei hässliche Links – sorry!

www.instagram.com/p/CHAL9zSKj7j/?igshid=1gmqit9l36r85 (Raul Krauthausen)

https://www.instagram.com/p/CIoAEFqH51k/?igshid=jykdqgxcxl3 (Laura Gehlhaar)

Inklusion als Herzensthema

Ich habe katholische Religionslehre, Germanistik und Sonderpädagogik studiert, ich arbeite als Förderschullehrkraft, ich habe selbst eine Behinderung. Inklusion ist mein Herzensthema, über das ich immer noch zu wenig im Internet spreche. Ich versuche, das zu ändern.

Wer den instagram takeover verpasst hat, kann das Highlight sowohl auf dem Account des diabetes ratgebers als auch bei meinem Account ansehen.

Erzählt mir gerne mehr über eure Sicht auf die Dinge und über eure Diskriminierungserfahrungen. Ich freu mich auf den Austausch!

Liebe Grüße

beate_putzt für Inklusion

Weiterführende Links

Die drei Affen der Inklusion

Heute ist Tag der Inklusion. Was geht mich das an?

Die drei Affen der Inklusion: (nicht) hören, sehen, sprechen

Menschen mit Behinderungen, Beeinträchtigungen, chronischen Erkrankungen, Migrationshintergrund, nicht-weißer Hautfarbe, einer nicht-heterosexuellen Orientierung, ohne deutschen Pass, mit wenig Einkommen:

  • werden nicht gesehen
  • nicht gehört
  • nicht sprechen gelassen.
Bildbeschreibung: Drei Bildabschnitte in einem Bild. Portraitaufnahme von Gesichtern. Beate hält die Augen, die Ohren oder den Mund zu.

Ich will nicht…

Ich will nicht bewundert werden, will keine Inspiration sein, will nicht Tag für Tag meine Leistung beweisen müssen, beweisen müssen, dass ich „ja fast so bin wie eine gesunde Person“.

Ich will nicht von Verlägen hören müssen, dass meine Forderungen nach inklusiver Sprache und barrierearmen Homepages ja nachvollziehbar seien („voll die gute Idee!“), aber leider nicht umsetzbar („das betrifft kaum jemanden“).

Ich will nicht lesen, dass mal wieder ein Tag über Inklusion mit z.B. Diabetes geplant ist – und kein Mensch mit Diabetes ist auf der Bühne, oder nur der/die Eine, um „den guten Willen“ zu zeigen.

Ich will nicht hören, dass meine Schülerinnen und Schüler leider nur auf dem zweiten Arbeitsmarkt einsetzbar seien.

Ich will nicht sagen, ich sei hoffnungslos.

Das bin ich nicht. Ich kämpfe, ich kläre auf, ich diskutiere, ich bilde mich weiter, ich höre zu. Das gelingt mir nicht immer. Es ist anstrengend, manchmal ermüdend.

Inklusion ist für mich…

Inklusion ist Haltungssache. Ich hoffe, mir wird es im Laufe meines Lebens gelingen, immer mehr Barrieren einzureißen. Für mich, für andere.

Inklusion ist Teamgeist. Zusammen ist vieles möglich, auch mit wenig Geld.

Inklusion ist für alle da. Für diejenigen, die ohne Kopfhörer in der Bahn sind (Stichwort Untertitel). Für diejenigen, die gerne wandern, aber Pausen machen möchten (Stichwort Sitzbänke). Für diejenige in einem Haushalt, die unterschiedliche Körpergrößen haben (Stichwort höhenverstellbare Schreibtische). Für diejenigen, die mit Kinderwagen, Bollerwagen und Rollstuhl unterwegs sind, vielleicht sogar gleichzeitig (Stichwort selbstöffnende Türen). Für diejenigen, die Schwierigkeiten mit dem Internet oder wenig bis keine Sehstärke haben (Stichwort Bildbeschreibung).

Inklusion ist nicht „für die da, für die Schwachen“. Inklusion ist für mich, für dich, für uns. Inklusion ist kein fester Zustand, sondern kreativ und immer auf der Suche nach individuellen Lösungen.

Inklusion ist immer Austausch. In diesem Sinne DANKE für über fünf Jahre beate putzt – Sauber Leben mit Typ1-Diabetes. Ein ewiges auf und ab. Ich mag’s und freu mich auf jeden Austausch. Sei es über Diabetes, Behinderung, Jakobsweg oder einfach ein gutes Buch.

Danke. Beate putzt

Was ist Inklusion?

Bei zdf logo! gibt es einen kurzen, einfachen Beitrag (auch geeignet für Kinder), was Inklusion ist.

https://www.zdf.de/kinder/logo/tag-der-inklusion-100.html

Der Horrortag oder: Warum ich keine Lifestyle-Bloggerin sein könnte

Der Horrortag oder: Warum ich keine Lifestyle-Bloggerin sein könnte?

Lustigerweise schreibe ich diese Zeilen, während ich auf dem Weg zu einem Diabetes-Bloggertreffen* bin, die in der Regel eher lustig und locker sind. Niemanden, den ich kenne, würde ich als Lifestyle-Diabetesblogger:in bezeichnen. Die Blogger:innen, die ich kenne, zeigen Wege und Möglichkeiten, mit dem Diabetes umzugehen und den Weg vielleicht etwas schöner und bunter zu gestalten. Dennoch suchen verirrte Seelen ab und an „Diabetes-Lifestyleblogger“. Nun, da bin ich wohl raus.

Kein Lifestyle oder: Der Horror beginnt

Warum ich keine Lifestyle-Bloggerin sein könnte…?

Ich habe keine Ahnung, was los ist. Ich kann mich nicht erinnern, dass mein Blutzucker das letzte Mal so entgleist ist. Seit 12 Stunden bin ich mittlerweile bei 400 mg/dl. Seit 12:00 Uhr sitze ich nahezu ohne Bewegung im Zug. Katheter gewechselt, System überprüft. Ohne Befund.

Bildbeschreibung: Überschrift: Diabetes, a glamorous bitch. Im Vordergrund ein unbenutzter Katheter. Im Hintergrund ein Bahnsitz „Bitte beurteilen Sie ihre heutige Fahrt“, darunter der eingefügte Werte 398 mg/dl steigend.

Ursache für den Wert? Gänzlich unbekannt. Ich stehe nicht kurz vor meiner Periode, ich habe keinen Alkohol getrunken, geschweige denn den Bolus vergessen oder die Basalrate verändert.

Aufgestanden bin ich mit 80mg/dl, in zwei Stunden ohne Sensor bin ich auf 360mg/dl. Diabetes (egal welchen Typs) ist keine Lifestyleerkrankung, es ist eine f*cking scheiß Stoffwechselkrankheit!

Wutboli – DO or DON’T DO?

Ich bin gerade nicht alleine, Lea (insulea) sitzt neben mir. Sie hat mich ermutigt, mir nochmal mehr Insulin zu geben. Ein Behandlungsfehler war vielleicht, dass ich mir nach 5 Stunden so hoher Werte nicht schon direkt mehr Insulin gegeben habe. Das kommt daher, dass ich mir mittlerweile „Wutboli“ abgewöhnt habe und auf die Wirkung des Insulins vertraut habe. Außerdem habe ich schon so lange keine Entgleisung mehr gehabt, dass ich die Verhaltensweisen bei Entgleisungen etwas verdrängt hatte.

Ich habe mehrfach korrigiert und bin sehr froh, dass ich nicht alleine bin und das Gefühl der Machtlosigkeit teilen kann.

400 mg/dl über Stunden – wenigstens habe ich eine Linie!

Nach vielen Stunden Zugfahrt steige ich aus dem Zug aus. Dabei bemerke ich, dass mir schlecht ist. Ich habe im Zug schon 3 Liter Wasser getrunken und mehrfach die Toilette aufgesucht.

Lea und Katharina (Nerven aus Zuckerwatte), die mittlerweile auch zu uns gestoßen ist, kaufen sich eine Kleinigkeit am Frankfurter Hauptbahnhof. Währenddessen setze ich mir eine Insulinspritze und gebe mir weitere fünf Einheiten ab.

Bildbeschreibung: Werte der letzten Stunden, über Stunden zu hoch mit einer nahezu glatten Linie bei 400 mg/dl.

Bewegung als letzte Chance?

Wir machen uns auf den Weg zur S-Bahn. In Bad Homburg angekommen, laufen wir zu Fuß eine Strecke von 20 Minuten. Mein Blutzucker interessiert das leider kaum. Ich bin bei 380 mg/dl. So langsam werde ich nervös: „Normalerweise“ bei Entgleisungen hilft mir leichte Bewegung. In dieser Form kenne ich Entgleisungen nicht.

Ich begebe mich zur Hotelrezeption, checke ein, betrete mein Zimmer und trinke erstmal eine große Menge Wasser. Raus aus den Stiefeletten, rein in die Sneaker und los geht’s: Ich laufe nachts durch eine unbekannte Stadt. Nach einer gefühlten Ewigkeit piepst der Sensor: Juchuu, Abfall des Werts. Ich laufe, laufe, laufe und beschließe nach 30 Minuten, vorsichtshalber ins Hotel zurückzukehren.

Bildbeschreibung: Ganzkörperspiegelselfie, Blick nach unten, unzufriedener Gesichtsausdruck.

Jedes Drama braucht einen Wendepunkt

Katharina fragt, ob alles ok ist. Ich überlege: Wie ok kann ich nach so einem Tag eigentlich sein? Ich fühle mich ausgetrocknet, erschöpft, und auch so machtlos wie lange nicht mehr. PIEP PIEP PIEP, Abfall von 30 mg/dl pro Minute. Okay, das Insulin scheint zu wirken. Natürlich noch 8 IE aktives Insulin. Es ist 23:15 Uhr, ich bin seit 6:00 Uhr unterwegs. Mir bleibt nichts anderes übrig, als zu essen: Ein Brötchen, Wasser, Wasser, Wasser, ein halbes Brötchen. Ich bin müde, eigentlich will ich nur noch schlafen. Schlaf nach so einem Tag? Unklar, wie der Insulin- und Blutzuckerverlauf sein wird? Mehr Wunsch als das ich das jetzt umsetzen könnte. Ich bleibe noch eine Stunde wach. Der Blutzucker scheint sich zu fangen. Ich lege mich zu Bett und falle in einen sehr unruhigen Schlaf. Was für ein Scheißtag!

Good morning, sunshine!

Nächster Tag. 8:00 Uhr, der Wecker klingelt. Blicke in den Spiegel. Habe ich überhaupt geschlafen? Für den heutigen Tag werde ich für mein Wohlbefinden definitiv Make-Up brauchen. Schütte vorsorglich schonmal einen Liter Wasser in mich rein.

Bei dem Bloggerevent werde ich von vielen Leuten gefragt werden, wie es mir geht. Ich werde wieder mal erfahren, wie es ist, verstanden anstatt verurteilt zu werden. „Manchmal ist das einfach scheiße“ und ähnliches werde ich hören. Im Laufe des Tages werde ich mit dem vergangenen Horrortag meinen Frieden schließen. Und auch dafür bin ich sehr dankbar: Ich bin nicht alleine. <3

*bei dem Bloggerevent handelte es sich um das erste Bloggerevent der Firma Lilly Deutschland. Die Reisekosten wurden von Lilly Deutschland komplett übernommen. Du liest hier weiterhin meine Meinung. Zum Bloggertreffen wird ein gesonderter Artikel erscheinen.

Jakobsweg: Diabetes Typ1 und Ernährung

Diabetes Typ1 und Jakobsweg, Essen und wandern/pilgern, Ernährung und Diabetes Typ1 auf dem Jakobsweg. Für den Fall, dass bei dir gerade lauter Fragezeichen oder hungriges Magenknurren auftritt, habe ich hier meine Erfahrungen zusammengetragen.

„Was isst du denn alles auf dem Jakobsweg?“

Oft werde ich gefragt: „Was isst du denn alles?“ Kurz: ALLES. Ich LIEBE Essen und gerade beim Wandern lasse ich keine Gelegenheit aus. Kalorientechnisch komme ich immer auf eine gute Menge. Hier habe ich beispielhaft einen Tag zusammengestellt, wie ich mich ernährt habe. Immer unter Berücksichtigung der Schwere des Essens (Kilo-Gramm, die ich tragen muss), der Energie und den örtlichen Gegebenheiten.

Frühstück nach 10km

Die ersten Kilometer sind geschafft. Es wird Zeit für ein Frühstück. Den Essensbolus reduziere ich um 50% und gebe die restlichen 50% verzögert ab oder lasse seit dem letzten Jakobsweg den Loop eingreifen. Ich möchte vermeiden, mit zu viel aktivem Insulin nach der Pause weiter zu laufen. Verzögerte Boli kann ich theoretisch abbrechen, wenn der Trendpfeil der Gewebezuckerwerte nach unten zeigt.

Bildbeschreibung: Getoastetes Sandwich, Café Cortado
Bildbeschreibung: Limonade 7up

Snack nach 15 – 20km

Ab und an zeigt sich nach weiteren Kilometern der Blutzucker mit einem Trendpfeil nach unten. Für diese Fälle kann ich Madeleines und Törtchen empfehlen: Klein, leicht, Zucker, Kohlenhydrate, haltbar und zermatscht essbar. Alternativ geht für mich auch immer Obst, falls vorhanden.

Bildbeschreibung: Ein Mini-Madeleine, Teigware
Bildbeschreibung: halbgeöffnete Banane in der Hand, im Hintergrund eine Straße als Teil des Jakobswegs

Spätes Mittagessen und Kaffeepause nach 25km

Wieder einige Kilometer später. Die Laune sinkt, der Magen knurrt. Kaffeezeit! Oft mit einem kleinen Mittagessen. Ich achte darauf, während des Laufens nicht zu viel auf einmal zu mir zu nehmen. Dafür sehr regelmäßig. 😉

Bildbeschreibung: Gedeckter Tisch mit Butterbrot, portugiesischem Teig-Puddinggebäck Pastel de Nata, Limonade 7up
Bildbeschreibung: Espresso auf Beinen abgestellt, Beine liegen auf einem Stuhl. Rucksack sichtbar, im Hintergrund ein Marktplatz.

30 – 40 km: Ziel erreicht

Doch nach dem Tagesziel ist vor dem Abendessen und nach dem Duschen und von Hand Kleidung waschen. Ein Snack kann nicht schaden.

Meinen Insulinbedarf muss ich am Ende des Tages gut im Blick haben. Oft brauche ich nach dem Laufen und dem dabei reduzierten Insulins etwas mehr Insulin am Abend.

Bildbeschreibung: Zwei Bier mit spanischen Snacks: Brot, Salami, Oliven, Erdnüsse

Abendessen

Weniger gefräßige Menschen mögen es kaum glauben, aber ja: Ich packe dann auch noch Abendessen! Auch hier achte ich auf meinen Insulinbedarf: Weniger oder mehr, das ist leider sehr unterschiedlich von der Tour und vom Abendessen.

Bildbeschreibung: Gedeckter Tisch mit Salat, Schinken, Salami, Käse, Baguette, Melone.

Tipps und Tricks: Ernährung und Typ1 auf dem Jakobsweg

Essen & Hypos

Ich schraube für die Zeit auf dem Jakobsweg meine Ansprüche an Ernährung völlig runter. Nirgendwo sonst ernähre ich mich derart fettig und kohlenhydratreich. Ich achte immer wieder darauf, irgendwie Obst und Gemüse zu mir zu nehmen. Wie du auf den Bildern sehen kannst, mit mäßigem Erfolg.

Für Hypos haben sich bei mir Gels, Traubenzucker, Müsliriegel, Obst und Madeleines & Co bewährt. Wichtig ist mir, dass alles möglichst leicht ist und im Rucksack transportiert werden kann.

Getränke und Trinkmenge

An einem Lauftag trinke ich mindestens 4 Liter Wasser. Das transportiere ich in einer Trinkblase im Rucksack, sodass ich unterwegs immer wieder trinken kann. Zusätzlich habe ich immer eine kleine Flasche dabei, um auch nachts (z.B. im Hochbett) Wasser zu haben. Zusätzlich trinke ich Kaffee und ab und an eine zuckerhaltige Limonade. Alkoholische Getränke zähle ich nicht zur Trinkmenge.

Thema Alkohol

Ein Pilgerer trinkt pro Bein abends eine Flasche Wein, so sagt die Legende. Der ein oder andere nimmt sich diese Legende wohl auch sehr zu Herzen. Ich bevorzuge dagegen etwas weniger Alkohol. Wenn ich etwas trinke, erhöhe ich den Zielwert meines Loops und auch im CGM. So werde ich früher wach und vermeide Unterzuckerungen. Das ist eigentlich Recht ähnlich zu sonstigem Alkoholkonsum.

Zusammenfassung: Ernährung und Typ1 auf dem Jakobsweg

Viel hilft viel. Zumindest bei mir, wenn es um Essen geht. Ich habe nicht so viel gegessen, weil ich Hypos hatte (nun gut, die Madeleines hätte ich tatsächlich weggelassen). Wandern zieht einfach wahnsinnig viel Energie, dennoch werde ich auch regelmäßig von meiner Pilger- und Kindergartenfreundin beneidet, wie ich so viel essen (und damit auch probieren!) kann. 🙂 Auf irgendwas muss ich schließlich auch stolz sein!

Jede*r muss ihren/seinen Weg finden. Für Menschen mit Diabetes bedeutet das auf jeden Fall, immer noch einiges an zusätzlichen Kohlenhydraten mitzunehmen.

Na, wer hat nun auch Hunger und Motivation, laufend neue Gebiete zu entdecken und dabei jede Menge Essen zu probieren? In Gedanken packe ich schon wieder meinen Rucksack…

Bildbeschreibung: Waldweg mit Wegweiser (Pfeil und Muschel) mit der Anzeige: 15,719km bis Santiago. Daran lehnt der Rucksack mit Jakobsmuschel.

Oh I Oh I’m still alive!

Hallo zusammen,

höchste Zeit für ein kleines Alltags-Update! Auf dem Blog war es in den letzten Monaten still. Ich habe irgendwann mein zweites Staatsexamen abgelegt, mit Antje von süßhappyfit einen Triathlon absolviert, die Ferien im höchsten Maße genossen, mich entschieden, für noch ein weiteres Jahr im hohen Norden zu bleiben und und und. Der ein oder andere Bericht wird noch folgen, anderes in Vergessenheit geraten.

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Update: Diabetestherapie

Einstellungen

Durch die vielen Veränderungen habe ich meinen Diabetes teilweise mehr oder weniger mitgeschleift. Das hat zum Glück recht gut funktioniert. Für die nächste Zeit stehen trotzdem einige Basalratentests sowie die Überprüfung einiger Faktoren auf dem Plan. Hätte jemand Lust mitzumachen? Ich denke an eine ähnliche Geschichte wie #teambasalratentest von Anne. Das Ziel wäre, Erfahrungen auszutauschen und sich – falls nötig – zu bemitleiden (Ich HASSE Basalratentests!).

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Dana RS Pumpe

Mittlerweile loope ich schon weit über ein Jahr mit der DANA RS Pumpe. Ich bin nach wie vor zwiegespalten mit dieser Pumpe und leider weiß ich durch intensiven Austausch, dass ich mit meinen negativen Erfahrungen bei weitem nicht die einzige bin.

Nach wie vor….

…nutze ich Do-It-Yourself-Lösungen, um vernünftige Katheter abseits des DANA Sortiments verwenden zu können

…sind Adapter „scharfkantig“ verarbeitet (vgl.: Die Adapter der Accu-Chek Combo sind gummiert). Menschen, die wie ich ihre Pumpe eng am Körper tragen, haben öfter Druckstellen.

…piept die Pumpe ohne Vorwarnung und meldet, dass die Ampulle leer sei – unabhängig vom verbliebenen Füllstand, der sich zwischen 35 – 5 Rest-I.E. befinden kann.

…geht die Batterie ohne Vorwarnung einfach leer und damit die Pumpe aus.

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All diese Dinge haben dazu geführt, dass ich mittlerweile ständig dabei habe:

  • 1 x Setzhilfe
  • 1 oder 2 Wechselkatheter
  • 1 x Batterie
  • 1x Batteriefachöffner oder Münze
  • im Idealfall auch noch: Insulin, Ersatzgewindestange, Ampulle, Aufziehhilfe.

Ich schätze an der Pumpe die stabile und Bluetoothverbindung, die kleine Größe und dass sie nicht bei jedem Bolus- oder jeder Basalratenänderung piept. Am liebsten würde ich die DANA RS mit meiner alten Accu-Chek Combo zusammenschweißen!

So einfach geht das natürlich alles nicht und überhaupt ist es ein Privileg, eine Pumpe nutzen zu dürfen. Das ist mir durchaus bewusst. Dennoch herrscht einfach sooooo großer Nachholbedarf, dass mich solche „Fehlerchen“ richtig wütend machen können. Lebenszeit und Lebensqualität, die dadurch verschwendet wird.

Liebe Pumpenhersteller, die ihr die nächste tolle Pumpe sicherlich gerade entwickelt: Hier könnte ihre Werbung stehen!

In diesem Sinne: Liebe Grüße, Beate

Aufreger der Woche: „So tun als ob“-Inklusionsexperimente

Aufreger der Woche: „So tun als ob“-Inklusionsexperimente

Hallo in die Runde,

willkommen zurück zum Aufreger der Woche! Thema: „So tun als ob!“-Inklusionsexperimente.

Der Anlass für den Aufreger der Woche: „So tun als ob“-Inklusionsexperimente

Anlass für diesen Aufreger der Woche ist ein Tweet von Julia Probst, in dem es über „So tun als ob“-Inklusionsexperimente in Fernsehsendungen geht (vgl. https://twitter.com/EinAugenschmaus/status/1134367407894618112).

In diesem Fall setzt sich eine Person ohne Behinderung in einen Rollstuhl. Sie fährt neben einer Person, die immer mit Rollstuhl unterwegs ist, durch die Gegend. Erinnert mich an die FSJ-Experimente, die immer gleich enden: Froh sein, aufstehen zu können und wie schlimm das Leben im Rollstuhl die ganze Zeit ist. Die Sicht von Rollstuhlfahrenden ist dazu etwas anders. Alles eine Frage der Sichtweise!

Bild zeigt: Sonnenbrille gegen das Sonnenlicht gehalten.

„So tun als ob“Inklusionsexperimente mit Diabetes Typ1

Diese „So tun als ob“-Inkusionsexperimente beobachte ich auch in Bezug auf Diabetes Typ1. Menschen ohne Diabetes wollen durch Experimente nachempfinden, wie es wohl ist, Diabetes Typ1 zu haben. Dafür überlegen sie sich, wie viele Kohlenhydrate ihr Essen hat und wieviel sie dafür spritzen müssten (oder spritzen mit Kochsalzlösung).

Die Bemühung kann ich nachvollziehen. Ich habe manchmal gedacht oder gesagt: „Wenn die Person nur für einen Tag Diabetes Typ1 haben könnte, dann könnte sie XYZ nachvollziehen„. Das war, gelinde gesagt, ziemlich dämlich von mir.

Barrieren sichtbar zu machen ist wichtig!

Barrieren sichtbar zu machen ist wichtig.

Das Problem an den „So tun als ob“-Inklusionsexperimenten ist schlicht und ergreifend: Sie zeigen nicht die wirklichen Barrieren für die Person mit der Behinderung, mit Typ1-Diabetes.

Menschen ohne Diabetes versuchen, durch Kohlenhydrate schätzen und spritzen ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es ist, Diabetes zu haben. Hinterher ist das Ergebnis oft Mitleid („Cool, dass du das schaffst!“, „Ihr braucht alle mehr Unterstützung!“), Bewunderung („Wow, wie stark du sein musst!“), selten auch Erkenntnis („Oh, das kann manchmal echt anstrengend sein!“).

Bloß: Mir hilft das in Bezug auf Inklusion nicht weiter. Mir hilft es auch nicht weiter, wenn mich als Einzelperson die ganze Welt unterstützen will. Meine Barriere ist schlicht und ergreifend nicht das Leben mit spritzen und schätzen mit einer gesunden Bauchspeicheldrüse. Mein Problem ist nicht, für einen Tag bis eine Woche damit zurecht zu kommen.

Diese Aussage ist kein Vorwurf, nur eine Feststellung.

Probleme und Barrieren im Alltag

Die Probleme und Barrieren im Alltag teilen sich meiner Erfahrung nach in zwei Teile: Offensichtliche Barrieren und Barrieren, die nicht so offensichtlich sind.

Teil1: Offensichtliche Barrieren

Menschen mit Typ1-Diabetes

  • ersetzen ein Teil eines Organs
  • versuchen, den Spagat zwischen Spritz-Ess-Abstand, Insulin und Nahrungsaufnahme optimal auszuloten
  • versuchen, Sport mit der GENAU richtigen Menge an aktivem Insulin zu machen
  • versuchen, den Blutzuckerspiegel in einem festgelegten Bereich zu halten

Teil2: Weniger offensichtliche Barrieren

Menschen mit Typ1-Diabetes

  • verbringen auch 2019 immer noch unfassbar viel Zeit damit, ein Rezept zu erhalten
  • verbringen auch 2019 immer noch unfassbar viel Zeit im Wartezimmer von Arztpraxen
  • leben mit dem Hintergedanken „Folgeerkrankung“ bzw. der Hoffnung, keine zu bekommen
  • meistern oder scheitern an Hürden bezüglich einer Aufnahme in eine Private Krankenversicherung
  • erleben häufig, dass JEDE andere (akute) Erkrankung von ihrem Typ1-Diabetes kommt
  • haben keine Chance auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung
  • bekommen häufig die Kompetenz abgesprochen, insbesondere auch von medizinischem Personal, das nicht speziell für Diabetes (egal welchen Typs) ausgebildet wurde

Hinzu kommt, dass es meines Eindrucks nach keine vernünftige Patientenorganisation gibt, sodass uns schlichtweg die Lobby fehlt. Das ist meiner Beobachtungen nach leider kein Problem alleine von Menschen mit Typ1-Diabetes, doch das würde an dieser Stelle zu weit führen.

Aber was darf man denn dann noch machen?

  • Aushalten, wenn jemand sagt, dass das Leben mit Typ1-Diabetes gerade verdammt anstrengend ist.
  • Aushalten, wenn jemand sagt, dass das Leben mit Typ1-Diabetes gerade verdammt nicht anstrengend ist.
  • Für Inklusion einsetzen. Das kann „einfach“ schon sprachlich sein. Ich bin nicht „das arme Mädel mit dem schweren Diabetis“ oder „die Aaaaaarme, die hat schwer Zucker!“.
  • Menschen mit Typ1-Diabetes (oder anderen Beeinträchtigungen/Behinderungen) zuhören, in einen Dialog gehen.
  • Höflich nachfragen.
  • Aufmerksam sein: Gibt es Barrieren? Kann die Barriere beseitigt oder reduziert werden?
  • Wenn du als Typ-F’ler*in so ein Experiment machst, immer bedenken: Das ist NICHT das Leben mit Typ1-Diabetes. Ähnliches las ich z.B. auf dem Blog von Diafeelings, deren Freund vor einiger Zeit solch ein Experiment machte. Die zwei haben das Experiment für sich abgeklärt. Für sich selbst in einer Beziehung/Freundschaft ist das zum Glück eine andere Sache als solch allgemeine Experimente wie die genannten Beispiele der Rollstuhlfahrenden!
  • Sag mir einfach nicht, wie „stark“ du mich findest. Ich bin manchmal stark und manchmal schwach. Wäre ich auch ohne Diabetes Typ1, wie jeder andere Mensch auch.

Da ich ein Glückskind bin, habe ich zum Glück eine tolle kleine Familie und Freund*innen, die genau das alles können – und jede*r macht das anders. Find ich gut!

Liebe Grüße, beate putzt